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Jan Weiler - Der MarkisenmannJan Weiler
Der Markisenmann

KEN. Kim ist 15 und wird von ihrer Mutter und dem Stiefvater »strafversetzt«. Die Elterigen machen Urlaub und Kur bei Spezialisten in den USA, weil Kim ihren kleinen Superbruder Geoffrey auf einer Grillparty mit Spiritus böse angesengt hat. Kim soll zu ihrem Vater, den sie seit ihrem zweiten Lebensjahr nicht gesehen hat, an den Rhein-Herne-Kanal. »Der Markisenmann« von Jan Weiler: Sommerferien ganz anders.

 

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Jan Weiler nähert sich ebenso kraftvoll wie zart seinen Figuren. Wie eine Kamera, die nicht bewertet, dürfen sie sich auf ihre jeweils andere Weise als Loser zeigen. Dabei ist keiner nur Opfer, sondern jeder auch Täter, wenn es um das eigene Jetzt geht.

Ronald Papen nimmt seine Schuld ernst. Markise für Markise

Nur der kleine Geoffrey blödelt konkurrenzfrei außer der Reihe. Kim, seine Flammen werfende Schwester, kann gerade noch auf ihren rotzigen Pubertätsbonus hoffen: Die Eltern sind scheiße, die Schule sowieso. Und der Stiefvater, der sich so wenig für sie interessiert wie umgekehrt, ist bestenfalls ein alter Sack zum Draufhauen.

Jan Weiler lässt seine junge Heldin ihr Sommermärchen erst mit Anfang 30 erzählen. Zum Glück für die Lesenden, hat sie die Wertungsfilter eines Teenagers inzwischen ausgeschaltet. Der Markisenmann ist kein Vollidiot, der seine Vaterschaft verleugnete. Er ist in der Verarbeitung seiner eigentlichen Schuld extrem bekennend und penetrant genau.

So verkauft Ronald Papen Markisen im klassischen Design vom früheren »Drieben«. Es sind Reste aus einem Betrieb, der nach dem Fall der Mauer und des Zaunes mit Mängeln übrig war. Und keiner ahnt, warum der Markisenmann sich das antut.

Zumindest wird schnell klar, dass auch alle anderen Bewohner der Industriebrache am Rhein-Herne-Kanal ihren Weg gefunden haben, sich von der glorifizierten Scheinbarkeit im Rest der Welt abzuheben.

Kim verbringt ihre Ferien neben einem Schrottplatz in der Nähe eines »Russen« mit afrikanischen Wurzeln in etwa ihrem Alter. Ansonsten sind dort die Unteren einer Subkultur, die mit bemerkenswerter Genügsamkeit einander unterstützen. Sie sind füreinander da, erst recht, weil sie nichts als einander haben. Sie treffen sich allabendlich in einer heruntergekommenen Kneipe zum warmen Bier oder einer Limo, weil wieder einmal der Kühlschrank schwächelt.

Für die verwöhnte Kim ist dieses Dreckloch die Höchststrafe, der Typ mit den Markisen sowieso. Als Ronald Papen am Bahnhof der Letzte ist, der sie noch abholen könnte, kann Kim ihre Ähnlichkeit mit dem Markisenmann jedoch nicht verleugnen. Er wird immer und ewig ihr einziger Vater sein.

Ronald Papen hat so wenig zu verschenken wie zu verlieren. Darüber kommen sich Vater und Tochter näher. Ganz fein und wunderbar unaufdringlich beschrieben, lernen sie einander kennen, respektieren, dann schätzen und lieben, ohne voneinander wirklich etwas zu erwarten.

Kim Papen will am Anfang nur weg von der Lagerhalle am Rhein-Herne-Kanal, die ihr Vater als Zuhause nutzt. Als sie in der Dauer von Sommerferien anfängt, ihn zu verstehen, engagiert sie sich in seinem Geschäft. Sie trägt auf ihre Weise dazu bei, dass der Vater, wenn schon nicht erfolgreich, so doch erfolgreicher wird. Dass sie gleichzeitig seinen Lebenssinn einem frühzeitigen Ende zuführt, erkennt sie erst später.

»Der Markisenmann« ist das bewegende Porträt eines unscheinbaren Helden aus der Perspektive seiner Tochter. Jan Weiler lässt uns wie mit einer unaufdringlichen Kamera daran teilnehmen. Er stellt uns mit seinem Roman ein Modell für Fragen zur Verfügung, die wir unseren Eltern stellen sollten, solange es noch geht. Die Alternative wäre, dass Psychologen unseren biografischen Teppich viele Jahre lang mit ihren therapeutischen Fußnoten zustauben.

2021 Weiler, Jan - Der Markisenmann



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