Zoё Beck
Schwarzblende

KEN. »Schwarzblende« von Zoё Beck ist eines der Bücher, die man dringend am Stück lesen sollte. Einmal angefangen, konnte ich es jedenfalls nicht mehr weglegen. Islamisten morden mitten in London, und der Kameramann Niall Stuart wird erkennen müssen, dass er alles andere als zufällig am Tatort war. – Spannend und hoch aktuell.

Mit einem Klick auf das Bild des Covers können Sie das Buch direkt bei Amazon bestellen.

Niall Stuart wird Zeuge eines Mordes an einen Soldaten in Zivil, begangen von zwei jungen Männern im Namen Allahs, die dazu die Flagge des Islamischen Staats (IS) schwenken. Was treibt junge Männer dazu an, sich dem islamistischen Terror anzuschließen, das Töten auch noch zu dokumentieren und nach ihrer Rückkehr damit weiterzumachen?

Mit dem Wahn allein gelassen

Zoё Beck nimmt Enthauptungen wie die der US-Journalisten James Foley und Steven Sotloff im Norden Syriens durch den IS als Vorlage für ihren Roman »Schwarzblende«. Wie wachsen junge Männer in Städten wie London auf, die sich dann einem radikalen Islam verschreiben? Wie werden sie rekrutiert, ausgebildet, eingesetzt – und mit ihrem Wahn alleingelassen, wenn ihnen der eingeschlagene Weg verdächtig erscheint?

»Schwarzblende« ist eine Bestätigung dafür, nicht alle Anhänger des Islam über einen Kamm zu scheren. Gleichzeitig lädt es dazu ein, genauer hinzuschauen, wenn es um die Ursachen und deren Wirkungen bei jedem einzelnen geht, der meint, im Namen seines Glaubens die schlimmsten Gräuel begehen zu dürfen. Zoё Beck beschreibt, wie das verworrene Gedankengebäude in einer fanatisierten Gemeinschaft zum jeweiligen Anhänger durchsickert. – Nicht alle wachen rechtzeitig aus diesem Alptraum auf.

Aber es gibt auch »westliche« Zugänge zu brutaler Gewalt und ideologischer Verbohrtheit. Leonard Huffmann wird als legendärer Kriegsfotograf gefeiert, der über Jahrzehnte mit seinen Bildern die Welt wachrütteln möchte und dafür sein Privatleben auf den Ruhestand verschiebt. Auch Niall Stuart gegenüber offenbart er sich spät als dessen leiblicher Vater. Jetzt steht Leonard Huffmann Niall als Ratgeber bei einer TV-Dokumentation zur Seite, die Hintergründe des Mordes an den jungen Soldaten aufdecken soll. Niall wird den Mördern in einem Interview wieder begegnen müssen. Aber dann ergibt sich eine ganz andere Spur, und schon bald wird klar, dass Niall Stuart und seine Entdeckungen eine Bedrohung für jemanden sind, der einen anderen Bezug zu Gewalt in Vorderasien hat.

Die Geschichte ist ebenso großartig wie schockierend geschrieben. Es gibt keine Entschuldigung für Mord, auch nicht, wenn er krankhaften Fantasien entspringt, ideologisch begründet wird – oder beides. Zoё Beck zeichnet in »Schwarzblende« mögliche Ursachen solcher Entwicklungen auf. Wer danach noch immer Gewalt zu rechtfertigen versucht, steht ziemlich erbärmlich und alleine da.

Zoё Beck erzählt schonungslos und auf eine Weise, die niemanden, der einigermaßen bei Verstand ist, verführen wird. Weggucken geht also nicht. Aber dass wir kritischer die Absichten von Medien und Hasspredigern hinterfragen sollten, das gehört zu den Botschaften Zoё Becks in »Schwarzblende«.