John Grisham
Verteidigung

KEN. Was an diesem Roman am meisten erschreckt, ist das große Geschäft mit dem Recht. Noch während die Unfallopfer auf die Tragen gelegt werden, drücken Anwälte ihnen Visitenkarten in die Hand. Konkurrenten werden notfalls weggeboxt. Jeder Fall könnte Millionen einbringen.

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David Zinc ist Wirtschaftsanwalt bei Rogan Rothberg in Chicago, ein Riesenapparat von Kanzlei, wo er fünf Jahre lang ordentlich verdient, ansonsten aber so ziemlich verheizt wird. Irgendwann hat er die Nase voll, versackt in einer Bar und schleppt sich ziemlich angetütert in die Kanzlei Finley & Figg. Dort ist man Schlimmeres gewohnt.

Reichen Davids Winkelzüge, um einen Konzern zu Fall zu bringen?

Oscar Finley und Wally Figg haben ihren Traum vom großen Geld noch nicht aufgegeben. Im Moment decken sie ihre Grundkosten mit Scheidungsfällen und Kleinstdelikten. Oscar braucht unbedingt wieder »einen schönen Unfall« und hängt sich hinter jeden Krankenwagen im Einsatz. David Zinc hat zwar keine Ahnung von Zivil- und Strafrecht, will aber trotzdem mitmachen und ist sogar bereit, Finley & Figg gegen ein winziges Zimmer im Büro und ein Erfolgshonorar zu unterstützen.

Dann scheint Oscar tatsächlich den Fall seines Lebens an Land zu ziehen: »Krayoxx« heißt das populäre Herzmedikament von Varrick Labs, das tödliche Nebenwirkungen haben und als Sammelklage der Hinterbliebenen das große Geld bedeuten könnte. Der Pharmakonzern zieht alle Register, um mindestens den Imageschaden durch einen Prozess abzuwenden. Reichen die bewährten Winkelzüge von Finley & Figg, um sogar einen Konzern niederzuringen? Oder geht David gegen Goliath schon bald die Puste aus?

Schon bald muss David Zinc den eigenen Job mit seinem Ersparten sponsern. Und auch wenn es bedeutet, dass er sein eigenes Rechtsbewusstsein den Gegebenheiten anpassen muss, wird er immer findiger, um Varrick Labs zumindest die eine oder andere Scharte beizubringen.

John Grisham beschreibt die Entwicklung seines neuen Falls bis hin zur Verhandlung so gründlich, dass man sich fast nicht mehr in die USA zu reisen traut. Grisham ist selbst Jurist und beschreibt einen ziemlich traurigen Berufsstand, der auch dann überleben will, wenn es gerade keine Fälle gibt. Also werden welche konstruiert, die vor allem den Opfern der Anwälte das Leben vermiesen.

Ich glaube, Grishams »Verteidigung« ist nicht nur ein US-amerikanisches Phänomen. Um zu überleben, müssen Anwälte immer wieder neue Lücken in Systemen entdecken, die ahnungslose Bürger zu Kriminellen machen. Ein schockierender Seitenhieb gegen Pharmakonzerne ist Grishams Hinweis auf Medikamententests an Menschen in Dritte-Welt-Ländern. Auch das lässt ein Pharmakonzern so ziemlich von sich abperlen. Es beschäftigt die Rechts- und Marketingabteilungen nur kurzfristig, irritiert ein wenig die Aktienkurse. Aber schon bald ist alles wieder wie zuvor.