Wera Nägler
Alles im Griff. Das 1 x 1 der Büroorganisation

KEN. Ich war ziemlich neugierig auf dieses kleine und trotz allem feine Buch: Schließlich bin ich selbstständig und Freiberufler. Naja, und am Ende unterrichte ich sogar in mehrfacher Hinsicht das Thema, das Wera Nägler mit ihrem „1 x 1 der Büroorganisation" vermittelt. Die Latte hing also ziemlich hoch.

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Meinen Schreibtisch verteidige ich ständig, damit er eben nicht überquillt. Dass meine Termine Glückssache sind, liegt nicht an mir, sondern an meinen Partnern, die ich nicht einfach „in den Wind schießen" kann. Ich habe einen Weg gefunden, damit umzugehen. Und wo meine Unterlagen sind, weiß ich stets solange, bis sich unser Sohn ein Nachschlagewerk ausleiht, an dessen Stelle dann über Tage oder Wochen eine Lücke klafft wie bei einem alten Mann diejenige zwischen den Zähnen. So fühle ich mich dann auch, wenn etwas nicht an dem Platz ist, an dem es seit Ewigkeiten Sinn macht. Die „Chaoten" in meiner Umgebung nutzen das gerne aus: „Sorry - ich bin eben ein Schlamper. Könntest du nicht ..."

Rechtshirnige brauchen Bilder

Ich glaube, dass es kaum noch etwas Neues zum Thema Büroorganisation gibt, und für so manches Neue habe ich schon zu lange mit dem Alten überlebt. Dazu gehört auch die Überzeugung, dass Büroorganisation nur funktioniert, wenn man sie tut. Meine Favoriten unter den Autoren sind ansonsten Jürgen Kurz oder Bruno Klumpp mit seinem Helferlein namens „meineZiele". Deshalb war ich sehr neugierig, ob es Wera Nägler gelingen würde, in ihrem Buch zumindest das Verständnis der Vertreter unterschiedlicher Ordnungsstile für einander zu bewirken. Einer davon bin ich schließlich selbst.

Fast wäre es ihr gelungen, mich mit „Alles im Griff" zu überzeugen. Das spricht zumindest für eine gewisse Nähe unserer Ordnungsstile. Aber meine Test-Chaoten waren zu zögerlich - und ich kann sie sogar verstehen. Auch ich werde nämlich misstrauisch, wenn mir jemand linke und rechte Gehirnmodelle in einem Werk präsentiert, das ein „Rechtshirniger" mühsam in seine „Sprache" übertragen muss. Das ist ungefähr so, als würde man versuchen, die Sehnsucht nach der Südsee mit Schwarzweißbildern zu wecken. Mein Verlag wollte das seinerzeit und ist daran gescheitert.

Struktur ins Chaos zu bringen, gelingt den meisten rechtshirnigen Menschen eben nur, wenn sie dazu großzügig Bilder und Grafiken sehen dürfen. Tabellen und Checklisten sind kaum der Modus, in dem sie funktionieren. Die ohnehin Strukturierten dagegen werden „Alles im Griff - Das 1 x 1 der Büroorganisation" für den einen oder anderen Tipp nutzen können, den sie zufällig noch nicht kennen.

Wera Nägler plädiert für eine clevere Organisation, damit mehr Zeit fürs Wesentliche bleibt, was ich vor Lothar Seiwert eher mit Stephen Covey („Die sieben Wege zur Effektivität") verbinde. Dafür bietet Wera Nägler neben Checklisten auch praktische Tipps, und von letzteren kann es niemals genug geben. Und sei es auch nur zur Auffrischung. Manches hilft dann auch wirklich, wie zum Beispiel der Tipp mit der ausdrücklichen Lesestation. In diesem Sinne mag ich das Buch.

Es bleibt das Gefühl, dass Vera Näglers „Alles im Griff" eine richtig großzügige zweite Auflage verdient. In der würde ich zum Beispiel die durchaus sinnvolle „Zusammenfassung für eilige Leser" an den Anfang statt ans Ende der jeweiligen Kapitel stellen und statt der Tabellen und Checklisten Vorher- und Nachher-Bilder  einbauen, damit die rechten Hirne auch wirklich Lust haben, aktiv zu werden.

Dass der Selbsttest „Was für ein Bürotyp bin ich?" die Menschen um mich herum verändern wird, glaube ich dagegen nicht. Meine testlesenden "Messies", die sich dann doch auf das Buch eingelassen haben, fühlten sich dadurch vor allem mit weiteren Ausreden gefüttert. Sie verpassten die Erkenntnis, dass Ordnung eine Entscheidung voraussetzt: Sie muss am Ende - und da gebe ich der Autorin recht - ganz einfach funktionieren.