Jan-Christoph Hauschild
B. Traven – Die unbekannten Jahre
KEN. B. Traven fand ich spannend, seit ich zum ersten Mal »Das Totenschiff« und »Der Schatz der Sierra Madre« gesehen habe. Das ist schon lange her. So spannend wie Jan-Christoph Hauschild fand ich B. Traven jedoch sicher nicht, und wer weiß, ob der Mythos die Generation unserer Kinder noch erreichen wird. Unser Sohn hat nach 15 Seiten »B. Traven - Die unbekannten Jahre« aufgegeben.
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B. Travens Romane wurden in 24 Sprachen übersetzt und überstiegen eine Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren. Auch Regielegende John Huston verfilmte den geheimnisumwitterten Autoren. Als B. Traven 1969 starb, war nur sicher, dass hinter dem Pseudonym ein Deutscher steckte, der bis 1919 als Funktionär Ret Marut in der Münchner Räterepublik aktiv war und als Traven Torsvan 1930 die mexikanische Staatsbürgerschaft erwarb. Bürgerlich hieß der große Unbekannte Otto Feige und wurde 1882 in Schwiebus (Brandenburg) geboren. Er war eigentlich Maschinenschlosser, aber das schließt die Schriftstellerei ja nicht aus.
Erkenntnisse über den geheimnisumwitterten Schriftsteller
Otto Feige war sicherlich wegen seiner arbeitskämpferischen Aktivitäten immer wieder bedroht und wurde von den Behörden gesucht. Andererseits kokettierte er heftig mit seiner Anonymität. Daran änderte seine Vorgeblichkeit nichts, dass er ausschließlich an seiner schriftstellerischen Kunst gemessen werden wollte. Zudem sollte ein abenteuerlich wirkender Autor eine Bestätigung für die Wahrhaftigkeit seiner abenteuerlichen Bücher sein.
Marketingmäßig war er seiner Zeit damit voraus: »Inscene yourself« mit den Mitteln des frühen 20. Jahrhunderts und Nachhall bis heute.
Jan-Christoph Hauschild, seit 1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf, blickt in seinem 700 Seiten starken Wälzer hinter die Maske Travens/Maruts/Feiges. Und Hauschild macht das mit einer unglaublichen Akribie, trägt - oder lässt tragen - winzigste Puzzleteile aus Archiven zusammen, die vor allem Historiker interessieren dürften. Wann genau hat Feige wo welche Meldekarte bei wem mit welcher Adresse und in welchem Stockwerk abgegeben. Wo arbeiteten sein Vater und seine Mutter von wann bis wann und worüber haben sie sich Eltern, Sohn und Geschwister gestritten.
Irgendwann habe auch ich aufgegeben: Nach all dem, was irgendjemand jemals über B. Traven wissen könnte, war mir seine kundenfreundliche Anonymität lieber. Für soviel detektivische Details, dokumentiert in fast 500 Quellenangaben muss man gebaut sein. So wie Jan-Christoph Hauschild. Die Kunststiftung Nordrhein-Westfalen unterstützte den neuen Traven-Wälzer mit zwei sechsmonatigen Stipendien.
Nach dem Buch war ich nur ein bisschen weiter mit B. Traven als zuvor. Ich ziehe den Hut vor der Präzision des Biographen, den zu wiederlegen ziemlich anstrengend werden dürfte. Jetzt schaue ich mir noch einmal »Die Brücke im Dschungel« an. Das ist das, was von B. Traven übrig bleiben sollte. Gerne nehme ich ihn in seiner offiziellen Bescheidenheit und inszenierten Abenteuerlichkeit ernst.
Wahrscheinlich weiß Jan-Christoph Hauschild inzwischen mehr über B. Traven als dieser selbst jemals über sich gewusst hat. Und vielleicht war die Recherche für »B. Traven - Die unbekannten Jahre« gerade deshalb so wichtig.