Maria Toorpakai
Das verborgene Mädchen
KEN. Schon als junges Mädchen spürt Maria Toorpakai, dass sie die Bevormundung im Süden Waziristans (Pakistan) immer ablehnen wird. Nicht den Islam, aber die Rechte und Pflichten, die die Taliban daraus gegenüber Mädchen und Frauen ableiteten. Als »Junge« bricht sie sportliche Rekorde und setzt in einer anderen Welt schließlich durch, auch als Frau frei zu sein.
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Maria Toorpakai wurde 1990 in einen Stamm hineingeboren, der Mädchen und Frauen strengste Regeln auferlegt, während die Jungen und Männer sich Fußball oder Volleyball spielend frei in der Öffentlichkeit bewegen. Während ihre etwas ältere Schwester später sogar eine beeindruckende politische Rednerin werden wird, entscheidet die erst vierjährige Maria Toorpakai, bis auf Weiteres ein Junge zu sein.
Ein »Junge« gegen die Taliban
Sie schneidet sich die Haare kurz, verbrennt ihre Kleider und zieht sich an wie ihre Brüder. Die Eltern tragen die Entscheidung ihrer Tochter mutig mit – und riskieren damit jeden Tag, vom Rest des Dorfes schwer bestraft zu werden. Mit sieben muss Maria Toorpakai mit ansehen, wie Taliban drei Männer umbringen.
Maria Toorpakai heißt nach ihrer Verwandlung nur noch Dschingis Khan. Sie misst sich mit Jungs, rauft, gewinnt oft und macht schon bald die Erfahrung, dass sie auch als »verborgenes Mächen« noch immer ein eher priviligiertes Leben führt. Im Vergleich zumindest zu den ghettoisierten Flüchtlingen aus den Nachbarländern in ihrer Stadt.
Als Dschingis Khan gewinnt sie auch körperlich an Stärke, beginnt Gewichte zu stemmen und wird mit zwölf Jahren pakistanischer Jugendmeister – unter Jungen! Sie erkennt, was beim Sport entscheidend ist: »Siege oder Niederlagen nehmen ihren Ausgang im Kopf und werden dann in Form eines Befehls an den Rest des Körpers weitergegeben.« Der Sport und seine Lehren werden eine Metapher für ihren ganz persönlichen Widerstand.
Erst als sie in die Pubertät kommt und die Biologie sich offensichtlich durchsetzt, wechselt sie die Sportart, entdeckt Squash und wird mit 16 pakistanische Jugendmeisterin. Der Erfolg rückt sie in den Fokus der Taliban: Sportliche, gar liberale Frauen passen nicht ins Konzept der Islamisten. Maria Toorpakai zieht sich zurück von der Akademie für Leistungssportler, trainiert 127 Tage lang in ihrem Zimmer zuhause, verliert Turniere und bricht schließlich zusammen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben droht sie dem System um sich herum zu unterliegen. Längst geht es für sie nicht mehr ums Gewinnen wie all die Jahre zuvor, sondern ums Überleben für die Jahre, die in einem anderen Land noch vor ihr liegen sollen. Sie findet mit Unterstützung ihrer Sportverbände einen Weg zu einem Turnier in den USA und von dort nach Kanada. Als Nummer 49 der Weltrangliste spielt und unterrichtet sie Squash.
Nur als »Junge« habe sie in Pakistan frei sein können, sagt Maria Toorpakai. Nach ihren Beschreibungen bin ich mir nicht sicher, ob diese Freiheit nicht auch für Jungen trügerisch ist. Maria Toorpakai hat ihren Platz in der Welt gefunden – nicht nur im Squash. Auf dem Cover der Heyne-Ausgabe ihrer Biographie nennt Khaled Hosseini, Autor von »Drachenläufer« sie »ein Vorbild für Millionen anderer Frauen, die sich ihre Unabhängigkeit erkämpfen«.