Murmel Clausen
Frettnapf
KEN. Jens Fischer ist schwanger, genauer: Jessi, seine »Ehefrau in spe«, »nicht in spe«, »in spe« ... Zwar ist sie nicht von ihm schwanger, da das Frettchen Idi Amin seines ehemaligen WG-Mitbewohners Jens heißen Draht zur Nachkommenschaft gekappt hat, seinen Samenleiter also. Aber er fühlt sich als werdender Vater. Und »mit Trauschein« wäre nicht nur der Steuer wegen alles leichter ...
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Jessi hätte gerne mehr Klarheit über ihren zukünftigen Beziehungsstatus, je heftiger das Kind ihren Bauch zu einer beeindruckenden Ausbuchtung formt. Mit jedem Tag im Ungewissen hört sie genauer und empfindlicher hin: Ist Jens wirklich der, mit dem sie »bis das der Tod euch scheidet« und so weiter? Oder ist »mit Kind, aber ohne Jens« die einfachere Lösung? In diesem Dilemma von »to be or not to be«, also verheiratet und das lebenslänglich, oder eben nicht stecken sowohl Jens als auch Jessi.
Totstellen ist auch keine Lösung - echt nicht!
Und dann stehen die Fetttöpfchen eimerweise nur so herum. Eine gut gemeinte Offenbarung von Jens wird so etwas wie ein Offenbarungseid in Beziehungsdingen. Jessi will eine Auszeit, bis das Ding zwischen Jens' Ohren, also das, wo bei Frauen das Gehirn sitzt, wieder funktioniert und die richtigen Antworten liefert. Jens muss aus der gemeinsamen Wohnung raus und nimmt Zuflucht bei seinem Machofreund Hondo. Der hat nach Christentum und Islam jetzt Kontakt zum Judentum gefunden und bringt neben Jens auch noch dessen Vater in einem Kanu als Bettersatz im Haus seiner Angebeteten unter.
Auch Jens braucht Klarheit. Dass ihm dabei ausgerechnet Sven, der Frettchenzüchter aus seiner ehemaligen Wohngemeinschaft, helfen könnte, steigert das Chaos um eine weitere Dimension. Denn Sven ist nicht ganz so selbstlos, wie es scheint. Sven lässt Weltumradler couchsurfen, möchte selbst mit dem Spezialrad um den blauen Planeten und braucht eigentlich jemanden, der sich inzwischen um die Frettchen Idi Amin und Eva Braun kümmert.
Ich sage mal so: Das Ding endet angenehm überraschend für alle Beteiligten. Die Geschichte insgesamt ist heiter. Bei »Frettsack«, dem Vorgänger, habe ich für meine Verhätnisse schallend gelacht, bei »Frettnapf« geschmunzelt. Jetzt fürchte ich, dass ich nach dem Wochenbett Band 3 nur noch der Vollständigkeit halber zur Kenntnis nehme.
Die schlechte Nachricht: Leute wie Jens Fischer gibt es wirklich. Sie drehen mit 40, »da wo Schwaben weise werden«, noch zehn bis 15 Ehrenrunden ohne Bekenntnis zu irgendwas mit mindestens mittelfristiger Verbindlichkeit. Oder sie haben einen derart schwer erkennbaren Beziehungsdialekt entwickelt, dass den selbst moderne Frauen wie Jessi, erst recht kurz vor der Niederkunft, kaum entschlüsseln können.
Murmel Clausen (*1973) ist in dieser Fortsetzung seines Frettchen-Romans nicht ganz so laut wie die Beiträge, die er möglicherweise für den Kinoerfolg »Der Schuh des Manitu«, die Serie »Ladykracher«, »Tramitz & friends« und die Kultcomedy »Die Bullyparade« geschrieben hat. Eher mild, wie mit einem Kind in der Wiege im Nebenzimmer , das man nicht wecken möchte, um sich nicht den Rest des Abends zu versauen . »Heiterkeit« ist da immerhin besser als »gescheitert halt«.