Bjarni Haukur Thorsson
Hi Dad!
KEN. Der Auftrag seines Verlegers lautete auf ein Buch, das vor allem witzig sein sollte. Zunächst drückte sich Bjarni Haukur Thorsson, weil er keinen funktionierenden Computer besaß. Das Problem löste sein Verleger im Apple Store. Zum Thema entschied sich Thorsson dann aus persönlicher Betroffenheit: »Hi Dad!« über das Dasein als alleinerziehender Vater.
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Der Autor ist Isländer, als Leser muss man deshalb mit einem Humor rechnen, der möglicherweise von dem sonstiger Europäer südlich von Dänemark abweicht. Das tut er auch, wobei ich noch ganz gut nachvollziehen kann, dass Adam wirklich im Paradies lebte, weil er keine Schwiegermutter hatte. Solche Erkenntnisse gibt es auch an unseren Biertischen und in hiesigen Männergruppen.
Eher leeren Sie zwei Rotweinflaschen mit dem Strohhalm
Ansonsten geht es in »Hi Dad!« um einen jungen Schauspieler und Comedian, der schon bald nach der Geburt seines Sohnes den Beruf und die Alleinerziehung unter einen Hut bringen muss. Da es Thorrson und seiner Partnerin nicht gelingt, ihrem gemeinsamem Sohn eine Familie als Rund-um-sorglos-Paket zu bieten, stürzt sich »Dad« mit Volldampf ins Gewühl. Die Wahrnehmung des Mittdreißigers änderte sich jedoch bereits mit der Schwangerschaft.
Er stutzt über die angeborene (Körper-) Weisheit werdenden Mütter, stolpert durch die Atemübungen der Geburtsvorbereitungskurse und steht irgendwann verdattert vor einer vollgeschissenen Windel. Mit der Zeit wird sein Sohn der Mittelpunkt seines Universums, sein Ein-und-Alles werden. Da hat sich Thorsson schon von seiner Partnerin getrennt, sie gehen auseinander und fortan getrennte Wege.
Thorsson geht auch selbst auseinander, und zwar körperlich, gleichzeitig wird er bald vierzig und kann sich vor lauter Sohn plus Karriere eine neue Beziehung für sich selbst kaum noch vorstellen.
Der kleine Thorrson wächst über Kindergarten und Schule schon bald zu einem Siebenjährigen heran. Auch wenn er im Urlaub auf Teneriffa kindgemäß das Restaurant mit dem goldenen »M« als Highlight erlebt, schubst er seinen Alleinerzieher dann doch in die Richtung attraktiver Weiblichkeiten. Bjarni Haukur Thorrson muss sein Weltbild erweitern und lernt, dass er auch mit Kind auf dem Partnerschaftsmarkt wettbewerbsfähig ist.
Ich fand »Hi Dad!« erfreulich lesbar, auch wenn der alleinerziehende Vater mit dem Auftrag ins Rennen geht, über seinen neuen »Beziehungsstatus« eher witzig schreiben zu müssen. Das ist anscheinend gerade der Trend in der deutschen, amerikanischen und jetzt isländischen Szene: Wenn der Mann auf Hausmann macht, gibt es immer wen, der lacht. »Krass!« würde Bjarni Haukur Thorrson sagen. Fast befürchte ich, dass sich die Karikatur des Vaters daheim bald abgenutzt haben und er dann als einer der möglichen Normalfälle im Generationenvertrag glattgestrichen wird.
Am Ende punktet »Hi Dad!« für mich vor allem damit: Thorrson leistet sich den Aufwand, sein Vatersein im Nachhinein zu dokumentieren. Das war so nicht beabsichtigt und bewirkt Riesensprünge zwischen den Monaten und Jahren der Entwicklung seines Sohnes. Vielleicht hat der Autor dabei, wo die Erinnerung versagt, sich dann doch bereits ins Reich der Legendenbildung geschummelt und hier und da die Doppelbelastung heruntergerechnet.