Ralf Heimann und Jörg Homering-Elsner
Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst
KEN. Ralf Heimann und Jörg Homering-Elsner spotten nicht wirklich. In »Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst« gestehen die beiden Lokaljournalisten, dass die eine oder andere Panne auch von ihnen selbst hätte kommen können. Wenn zum Beispiel just eine Wahrsagerin sich von einer Messerattacke überrascht zeigt ...
Mit einem Klick auf das Bild des Covers können Sie das Buch direkt bei Amazon bestellen.
Heimann/Homering-Elsner ist es gelungen, aus ihrer Suche nach Zufallsfunden ein Multimedia-Projekt zu machen. Ihre Leser, Follower und Fans suchen ebenfalls nach »Perlen des Lokaljournalismus«, die so sicher nicht beabsichtigt waren. Wenn drei Tote bei einer Schießerei in Belgien sterben oder Paderborn eine Kastrationspflicht für Katzenbetreiber beschließt, stutzen wir und lachen herzlich mit, wo eigentlich Bedauern angesagt sein könnte. Wenn auf einer Kochseite über einen »Landfrauenauflauf mit Frühlingsquark« berichtet wird, werden wir zumindest neugierig.
Neueste Meldungen aus Absurdistan
Auch die abgebrühtesten Lokaljournalisten können sich dem täglichen Druck heute kaum entziehen. Wobei immer weniger immer mehr Themen pro Tag bedienen müssen. Da wird schnell einmal eine optisch gut gelungene Grafik durchgewunken, bei der die Frage der Woche nach dem möglichen Gewinner der Champions-League nur mit »Ja«, »Nein« und »Weiß nicht« beantwortet werden kann.
Die beiden Sprüchesammler sind nicht nur in der Jetztzeit fündig geworden, denn Perlen wie ihre gibt es vermutlich nicht erst seit Erfindung des Buchdrucks und dem Erscheinen der ersten Zeitung. Aus meinem eigen Volontariat bei einer Lokalzeitung erinnere ich mich daran, dass nach dem Tod eines renommierten Mediziners ein Kollege titelte: »Triumph der Chirurgie – Professor … gestorben«. Eine Frau im Münsterland dankte der Heiligen Barbara für die Lohnerhöhung, was vermutlich ein Fehler der Setzer dieser Dankesanzeige war. Gemeint war die Erhörung ihrer Gebete, und so ging der fromme Wunsch echt ins Geld.
Schlüpfriger war dies: Als ein Kanarienzuchtverein mit ausschließlich Frauen als Mitgliedern sein Jubiläum feierte, konnte die Überschrift der begeisterten freien Mitarbeiterin gerade noch von der Schlussredaktion abgefangen werden: »Die Frauen des Kanarienzuchtvereins sind gut zu Vögeln«.
Vielleicht liegt die Häufung der »Meldungen aus Absurdistan« daran, dass Lokaljournalisten heute anders arbeiten und/oder sich zu sehr auf die Rechtschreibkorrektur ihrer Redaktionssysteme verlassen. Wer online editiert, wird möglicherweise gerade in dem Moment »erwischt«, bevor er seine Korrekturen hochgeladen hat.
Also lachen wir gerne mit bei den unglaublichen Geschichten aus dem Lokalen, wenn ein beinamputierter Häftling wieder auf freiem Fuß ist und der Vortrag zum Thema Schwerhörigkeit wiederholt werden muss. Es ist gut, trotzdem nicht nur den Kopf zu schütteln, denn Lokaljournalismus war immer echt harte Arbeit, und das ist heute eher schlimmer geworden. Und selbstverständlich kann auch überregionalen Magazinen mit ihren großzügigen redaktionellen Ausstattungen ein Malheur passieren. Oder dem Online-Portal, das titelte: »Busfahrer nach Drogentest schwanger«.