John Niven
Gott bewahre
KEN. Todesspritze statt Kreuz, Erscheinung nach der Hinrichtung wie vor 2000 Jahre, alles ist wieder einmal möglich und nichts ewig außer eben die Ewigkeit. John Niven verlagert eine Flower-Power-Gemeinschaft mit manchmal ziemlich ordentlichen Management-Strukturen in den Himmel mit dem entsprechenden Einsatz dort unten auf der Erde. So ähnlich stelle ich mir die Entwicklungsabteilung von Microsoft oder Apple vor.
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»Warum ein Roman über die Wiederkehr von Jesus Christus auf Erden? Nun, in den letzten paar Jahren war ich wiederholt in den USA und musste mit Erstaunen feststellen, wie weit sich das Land politisch nach rechts entwickelt hat. Nicht zuletzt war ich auch schockiert von der Tatsache, dass Jesus und Gott komplett vom rechten Flügel vereinnahmt werden: Gott gegen Schwule, Gott gegen Abtreibung etc. Dies ließ mich an etwas denken, was der große Bill Hicks einst gesagt hatte: dass sich Gott, falls er existierte, doch vor allem für Liebe und Toleranz einsetzen würde. Und nicht für Hass und Intoleranz.«, sagte John Niven im Februar 2011.
John Niven spricht Klartext - brisant, amüsant, kontrovers
»Gott bewahre« ist erfrischend frech wie seinerzeit Joseph Heller in »God Knows« (»Weiß Gott«) über König David und das Alte Testament. Doch hier geht es im weitesten Sinn um das Neue, also die Zeit danach:
»Da kommt Gott - tut so, als wärt ihr beschäftigt.« Denn Gott ist stinksauer. Nachdem Er sich im Himmel eine einwöchige Auszeit für einen Angelurlaub gegönnt hat, kehrt Er nach etwa vierhundertfünfzig Jahren (ein Tag im Himmel entspricht siebenundfünfzig Erdenjahren) wieder zurück an Seinen Schreibtisch und muss mit ansehen, wie die Erde in der Zwischenzeit den Bach runtergegangen ist. Umweltsünden, Kriege, moralischer Verfall, kirchliche Hassprediger, skrupellose Kommerzialisierung - die Menschen sind auf dem besten Weg, sich selbst zu zerstören. Und so bleibt Gott nichts anderes übrig, als Seinen Sohn Jesus Christus, dem es im Himmel blendend geht, der mit Jimi Hendrix Gitarre spielt und Joints raucht, wieder auf die Erde zu schicken. Er soll dort Gutes zu tun und das einzig wahre Gebot predigen: Seid lieb!
Widerwillig landet Jesus in New York und versucht, zunächst erfolglos, als Sänger und Gitarrist einer Rockband Gehör zu finden. Derweil schart er seine ersten Jünger um sich - Drogenabhängige, Gescheiterte, Obdachlose, denen er zu helfen versucht. Als seine Mission, die Massen zu erreichen, zu scheitern droht, greift er zum letzten Mittel: Er nimmt an einer Casting-Show teil, versetzt das Flugticket und fährt in einem steinalten Greyhound-Bus mitsamt seiner skurrilen Truppe von New York nach Los Angeles.
John Niven spricht Klartext auch um die Strategien der Macher von »... sucht den Superstar«-Shows. Und sollte auch nur ein Teil davon stimmen, dann kann Jesus solch einen Scheiß nicht wirklich gut finden. Jedenfalls gewinnt er, sackt einen Haufen Kohle ein und gründet eine Seid-Lieb-Kommune.
Als er sich just mit einem Pfarrer anlegt, mäht wenig später ein Sondereinsatzkommando mit schwerstem Geschütz alles nieder, was sich auf dem Gelände bewegt. Jedenfalls fast alles und eben nicht nur die Marihuana-Plantage für den Eigenbedarf. Amerika braucht ein Opfer, dass es totspritzen kann, und Jesus kehrt heim zu Daddy Gott. Er erscheint nur noch einmal kurz auf Erden für einen bedeutungsvollen Hinweis. Darauf werden die vergessenen Filmaufnahmen zum überzogenen Einsatz der Polizei und des FBI ausgewertet - mit den entsprechenden Folgen für die Eiferer.
John Nivens Sprache ist manchmal ein bisschen derb; ziemlich viel ist überflüssigerweise »beschissen«. Dennoch kommen seine Charaktere sympathisch und schlüssig rüber. Niven, Ex-Gitarrist der Band »The Wishing Stones« und ehemaliger Manager einer Plattenfirma, streut amüsante Diskussionen rund um Musikstars ein und solche, die es gerne wären. Er zeichnet das Bild einer Subkultur im besten Sinn - mit eigenen Regeln, schmuddelig, tolerant und insgesamt irgendwie lieb.