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Steffen Kirchner – Totmotiviert? Steffen Kirchner
Totmotiviert?

KEN. Er hat ja so recht, der Steffen Kirchner. Da draußen gibt es Unmengen von Scharlatanen, Quacksalbern und Betrügern, die mit Motivationslügen ihre eigenen Taschen füllen. Auch ich bin als Coach »da draußen«. Und von mir aus gesehen, Steffen Kirchner ebenfalls. Was bleibt also übrig von »Totmotiviert«, dem Buch meines Kollegen?

 
 

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Mein Fazit nehme ich vorweg. Steffen Kirchner ist mir als Motivator durchaus sympathisch, weil er die marktüblichen Motivationsargumente Stück für Stück auseinandernimmt, seine lesenswerten Fazits daraus zieht und immer wieder die Wende vom »wenn nicht dies« zum »was dann« schafft. Da endet jedes Kapitel mit entsprechenden Empfehlungen. – Gut gemacht, Steffen Kirchner! - Andererseits …

Das Ende der Motivationslügen und was Menschen wirklich antreibt

… andererseits bin ich dafür, dass jeder im Rahmen seines persönlichen Weltbildes motiviert werden kann und sollte. Manchmal gehört Anerkennung dazu, damit der Mitarbeiter weiß, dass seine intrinsisch motivierte – also die von ihm selbst ausgehende – Richtung noch stimmt. Manchmal tut es dabei ein Incentive, also ein Erlebnis außer der Reihe.

Der Belgier Emil Ratelband mit seinem »Tsjakkaa, du schaffst das!«, den Steffen Kirchner zitiert, kam mir immer vor allem als Motivationskarikatur vor. Trotzdem ist eine Bestätigung, dass uns und unseren Fähigkeiten vertraut wird, immer gut. Das gilt auch für Menschen mit einer hohen internen Referenz, die sich also selbst auf die Schulter klopfen, wenn es gerade kein anderer »von Extern« tut.

Ich finde »Totmotiviert« insgesamt gelungen, weil Steffen Kirchner auf knapp 400 Seiten die wesentlichen Werbebotschaften, mit denen Motivationstrainer heute meistens extrem laut und deutlich unterwegs sind, auf den Prüfstand schickt. Ich kann aus seiner Zusammenstellung beliebige herauspicken. Es ist wie auf den Sack zu schlagen: Was drin ist, triffst du damit immer:

  • »Sie können alles schaffen, woran Sie glauben.« - Die Lüge vom positiven Denken.
  • »Selbstbewusstsein ist Voraussetzung für Erfolg.« - Die Lüge vom geborenen Siegertypen.
  • »Behalten Sie Ihr Ziel vor Augen.« - Die Lüge von der Zielorientierung.
  • »Suchen Sie sich einen Beruf, der Ihnen vor allem Spaß macht.« - Die Lüge vom Spaßfaktor im Job.

Wir können gegen alles sein und trotz dieser Erkenntnis die »Motivatoren« unseres Gegenübers verfehlen. Ich selbst habe Menschen kennengelernt, die ihr Leben endlich (!) in gesunde Bahnen gelenkt haben, nachdem sie bei Anthony Robbins oder Alexander Christiani waren. Ich kenne auch welche, die nach ähnlichen Seminaren zu mir ins »Nachcoaching« kamen und - »komplett zurück auf Start« - erst wieder lernen mussten, dass sie genau so, wie sie seit Ewigkeiten waren, einfach in Ordnung sind. Mit allen Rechten auf das bisherige Glück.

»Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!« – Das gilt eben auch für die Motivationsszene, ihre Trainer und Klientele. Andererseits nimmt uns das als Konsumenten nicht aus der Pflicht, die Darsteller auf der Bühne ebenso unter die Lupe zu nehmen wie ihre Botschaft.

»Prüft alles, und behaltet das Gute!« – das ist nicht von Steffen Kirchner, der ordentlich prüft. Die Empfehlung stammt aus dem Brief von Paulus, der einst ein Saulus war, an die Thessaloniker (1.Thess 5, 21). Paulus setzt einen Bibelvers weiter fort: »Meidet das Böse in jeder Gestalt!«

Ich finde, dass das Böse aus dem Reich der Motivation oft vor allem daran erkennbar ist, wer mir welche Seminare zum Thema als supergünstig und allein seligmachend anpreist. Jahrelang wurde ich mit Erfolgsseminaren zuge-spam-t und finde inzwischen ein gelungenes Leben entspannter als ein erfolgreiches. Ich mag Ziele erst recht, seit eine weise, alte Dame mich daran erinnerte, dass jede Pflanze zum Licht strebt. Und das war nicht Sabine Asgodom - und Steffen Kirchner sowieso nicht.

Ich finde auch selbstbewusste Menschen erfreulich, nicht die US-geprägten Marktschreier, die alle Kriege gewinnen, an keinem vor eigenem Ort beteiligt, dafür aber überall Besatzer sind. Ich mag diejenigen mit dem Bindestrich in selbst-bewusst, egal ob die eher laut oder eher leise sind. Ich will Spaß am Beruf haben, weil einer meiner Indikatoren für Spaß auch die Freude daran ist, in schwierigem Gewässer zu paddeln und mit welchen Blessuren auch immer am Ziel anzukommen. Hauptsache, ich bleibe im Fluss.

Und ja, ich habe tatsächlich einmal eine Bibel verhunzt, bevor ich sie einer depressiven Klientin als Therapie empfohlen habe. Ihre Aufgabe war, alles zu unterstreichen, was sie als ausdrücklich positiv motivierende Weisheit annehmen kann. Also nix mit den Schlachten im alten Testament und der Apokalypse weiter hinten. Es hat sie geheilt! In dem schwarzen Buch steht echt eine Menge zu Motivation drin, und das ist nicht nur für die Gotteskrieger und Jesus-Followers, die jeden Sonntag zum Tempel strömen, mindestens um weiterhin zur Gemeinde zu gehören.

Wem würde ich dagegen »Totmotiviert – Das Ende der Motivationslüge und was Menschen wirklich antreibt« empfehlen?

Jedem Trainer, Coach und Berater und jedem ihrer Kunden, der sich von Motivationsrezepten sogar belästigt fühlt. Was auch immer Wert für mehrere statt Mehrwert nur für den Veranstalter produziert, darf auf die Liste dessen, was wir ganz im Sinne des Apostels zumindest überprüfen sollten. Vielleicht finden wir das Jeweilige ja für uns passend und können es dann guten Gewissens auch behalten. –

Steffen Kirchner schreibt dann, er habe in seiner aktiven Karriere als Tennisspieler beim Seitenwechsel seine Gegner für gute Aufschläge und Returns gelobt. Er wollte sie dadurch zwingen, dieses Lob aktiv zu bestätigen, statt anständig Tennis zu spielen. Spätestens da war er als Richter der Motivationslügner, -quacksalber und -scharlatane für mich auf der Prüfliste nach Paulus. So leicht verbeult ein güldener Heiligenschein. Oder er zeigt sich als etwas aus dem handelsüblichen Blech, wie Mark Twain etwa sagte.

Bis auf Weiteres werde ich, mit welchen Mitteln auch immer, alles tun, damit es meinen Klienten nach einem Coaching besser geht. Quacksalber hin und Steffen Kirchner her: Auch wenn er recht hat, werde ich nach »Totmotiviert« keineswegs den zweiten Stein werfen.



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