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Buchempfehlungen der Redaktion Globalscout


Katja Kerschgens - Reden straffen statt Zuhörer strafenKatja Kerschgens
Reden straffen statt Zuhörer strafen

KEN. »Langatmige Reden demotivieren, langweilen und stehlen unsere Zeit. Bei einer straffen Rede dagegen kommt uns eine halbe Stunde wie fünf Minuten vor. Wir sind gefesselt, statt gelangweilt.« - Beim Lesen geht es mir genauso, denn auch Bücher sprechen. Irgendwie. Ob Katja Kerschgens in ihrem Buch hält, was sie ver-spricht-t?

 
 

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Ich war etwa bei Seite 20 von 134 und dachte: Wann geht es denn jetzt endlich los? Bis dahin hatte sich in mein Lesegefühl eingeschlichen, was mich bei einer Rede reflexartig nach dem Ausgang schauen lässt - nicht den der Rede, sondern die Tür nach draußen. Als Journalist, und das dürfte Kollegin Katja Kerschgens nicht anders ergangen sein, musste ich über viele Reden solcher Art berichten. Und ganz ehrlich: Die besten sind bis heute die, bei deren Wiedergabe ich am liebsten alles eins zu eins übernehmen würde. Wo also nix gekürzt werden kann, ohne dass es weh tut.

Wohl dem Redenden, der auch straff schreibt!

Und da merke ich, dass mir das Buch mit dem Untertitel »Mit Operation Zwille zu kurzweiligen Reden« nicht durchgängig gefällt, sondern zu sehr durchtränkt ist von der Rolle einer »lizenzierten Rhetorik- und Schlagfertigkeitstrainerin«. - Was es nicht alles gibt!

Natürlich hängt die Latte ziemlich hoch, wenn »Die Redenstrafferin« zu lehren ankündigt, wie man Floskeln und Sprechgirlanden vermeidet, auf den Punkt kommt, mit Fakten überrascht, die Zuhörer emotional einbezieht und angstfrei auf der Bühne steht. Dass Katja Kerschgens diese Fähigkeiten vor Publikum mit Freude und Erfolg beherrscht, nehme ich ihr sofort ab.

Über Reden etwas wirklich Neues zu schreiben, schafft jedoch auch sie nicht. Dafür wird in der Menschheitsgeschichte schon zu lange geredet, und somit wird uns voraussichtlich immer alter Wein in neuen Schläuchen angeboten werden - egal von welcher Marke und egal von welcher Speakers Association.

Katja Kerschgens erspart uns, für gute Reden wieder einmal endlos die alten Griechen auszubuddeln. Oder Dale Carnegies modernen Klassiker »Rede«. Darin heißt es im Wesentlichen: Erzählen Sie, wovon Sie 40mal mehr wissen, als Sie für Ihren Auftritt brauchen. Legen Sie vor allem Ihr Herz hinein. Punkt. Das kann jeder, der erfolgreich Rosen züchtet, seit 20 Jahren Boule spielt oder seit fünf Minuten von der Kreuzfahrt seines Lebens zurück ist. Das sind gute emotionale Voraussetzungen für eine begeisternde Begegnung mit dem Publikum.

»Reden straffen statt Zuhörer strafen« ist hübsch, bunt - und mir dann doch ein bisschen zu viel luftiges Gerede über das Thema. Immerhin gibt es grafische Marker, die Zwillensymbole, die zum jeweils wesentlichen Tipp führen. Das macht es dann wieder leichter, die Längen zu überspringen. Empfehlungen wie »in Bildern sprechen« oder gar »Filme vor den Augen der Zuhörer entstehen lassen« sind ein dermaßen alter Hut, dass sie schon wieder viel zu ernst genommen werden:

Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Erzählt jemand viele Bilder, und das tut Katja Kerschgens, dann ziehen die viele Male 1.000 Worte und mehr den Abend in die Länge. Wenn dann noch ein Bild das andere regelrecht jagt, ist es wie bei Mickey Mouse zuhause - oder wie mit Wagners komplettem Ring des Nibelungen in 90 Minuten zeitgerafft. Hinterher weiß man nur nicht mehr, worum es ging: Das Wesentliche ist in der Bilderflut schlichtweg ersoffen.

Trotz allem ein freundliches Buch, für das ich mir eine Weiterentwicklung vorstellen kann. Ein Text-Tuning von Markenmacher Tilo Dilthey zum Beispiel. Hinterher wäre so manches »und noch ein Gedicht« weniger im Buch. Die Visitenkarte der Redenstrafferin wäre ein bisschen dünner, dafür jedoch auch ein zauberhaftes Beispiel für straff geredete Schreibe. Denn Schreiben ist wie Sprechen und nur scheinbar ein bisschen leiser.

Autoren von Reden und Artikeln müssen sich jeden Tag an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen. Das geht mir genauso, und oft ist das ziemlich frustrierend. Dennoch ist ein guter Wegweiser beim Schreiben von und über Reden: Wer Augen hat zu lesen - der höre.



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