Harry Bingham
Fiona: Wo die Toten leben
KEN. In einem sogenannten »Totenhaus« in der Kapelle eines abgelegenen Friedhofes findet Fiona Griffiths eine aufgebahrte junge Frau in einem weißen Kleid und mit einer Bibel in der Hand. Nichts deutet auf einen gewaltsamen Tod hin. Aber es gibt unterschiedliche Arten der Gewalt, der schon bald auch die skurrile Ermittlerin ausgesetzt sein wird.
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Harry Bingham führt seine Leser sehr behutsam in eine Szene ein, die auf den ersten Blick christlich scheint und doch in Formen der Frömmigkeit abgleitet, die ihre Wurzeln im Mittelalter hatte. Offenbar sind diesen alten Ritualen schon früher junge Menschen zum Opfer gefallen.
Warum hat die schöne Tote niemand vermisst?
Es braucht schon eine gehörige Spürnase wie die von Fiona Griffiths, dass sie sich gegen den Widerstand ihrer Vorgesetzten an diesen Fall heranwagt. Irgendwie scheint darin auch ein ansonsten angesehenes Kloster verwickelt zu sein. Und schon bald wittert Fiona Griffiths Menschenhandel und Mord.
»Wo die Toten leben« ist ein spannender Roman, der nach und nach immer mehr an Fahrt aufnimmt und in dem sich die Helden Fiona Griffiths auf jeder Seite mehr Sympathien verdient.
Sie kann sich in andere Weltbilder hineinversetzen und recherchiert lebensnah vor Ort, sei es als Totenwache der Tochter reicher ukrainischer Eltern, sei es als Besucherin eines Schweigeklosters oder sei es als Teil eines Höhlenforschertrupps, der in den unterirdischen Gängen und Kathedralen von Wales ihr Leben riskieren wird.
Diese Höhlenwanderung ist alleine schon wert, den Roman zu lesen. Selbst wer auf Erfahrung dieser Art unter der Erde verzichtet, wird vom sicheren Lesesessel aus daran teilnehmen können. Autor Harry Bingham war selbst in den Höhlen von Wales. Er zog das Klettern unter der Erde dem Bergsteigen bei schlechtem Wetter darüber vor und vermittelt die Faszination ebenso wie die Ängste der Höhlenkletterer.
Fiona Griffiths wird mit ihrer leicht soziopathischen Art als Helden der Fiona-Reihe inzwischen mit Lisbeth Salander aus der »Millenniums-Trilogie« von Stieg Larsson verglichen, die später von David Lagerkrantz fortgesetzt wurde.
Und tatsächlich kann man sich an Fiona Griffiths skurrile Art genauso gewöhnen wie wir es an der von Lisbeth Salander getan haben. Beide erheben sich über ihre leidvolle Vergangenheit, die in den Büchern nach und nach entwickelt wird. Beide schaffen daraus leidenschaftliche und kreative Zugänge zu ihren Fällen, die den Leser wie ihre Mitspieler in »Wo die Toten leben« manchmal abschrecken, manchmal berühren, aber niemals gleichgültig lassen.
Harry Bingham beginnt den fünften Band seiner »Fiona«-Reihe mit einer sanften Brise, die sich auf jeder neuen Seite zu einem immer gewaltigeren Sturm entwickelt. Und das Gute: Fiona Griffiths bleibt uns erhalten! Wir dürfen neugierig sein auf Band 6.