John Grisham
Das Manuskript
KEN. Seit »Das Original« von 2017 war John Grisham literarisch nicht mehr auf Camino Island. In »Das Manuskript« sucht Hurrikan Leo die Insel heim. Unter den Opfern ist ein Mitglied vom Literaturstammtisch des Buchhändlers Bruce Cable. Dessen Freunde vermuten schon bald, dass der Wirbelsturm nicht an allem schuld ist.
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Bieten die Zerstörungen durch den Hurrikan Leo vielleicht die optimalen Bedingungen für den Mord an den investigativen Thriller-Autoren Nelson Kerr? Naturkatastrophe und Mord – tatsächlich sind es zwei Themen, die John Grisham in »Das Manuskript« miteinander verwebt. Hurrikan Leo steht für die Botschaft, die Klimaänderungen ernst zu nehmen. Der Tod Nelson Kerrs dagegen gehört zum klassischen Thriller. - Damit sind »Das Manuskript« eher zwei Geschichten. Mindestens.
Ist auf Camino Island das perfekte Verbrechen möglich?
»Camino Winds« heißt der Roman im Original. Er erzählt zunächst, wie ein tropischer Wirbelsturm auf eine kleine Ausflugsinsel trifft, die über eine Brücke mit Florida verbunden ist – so wie Rügen mit Stralsund. Wer einigermaßen alle Sinne beisammen hat, verlässt den einst friedvollen Ort. Oder er muss gute Gründe haben, das Ende des schrecklichen Sturms abzuwarten. Bruce Cable zum Beispiel passt lieber auf seinen Buchladen auf. Und wohl zum letzten Mal kuschelt Nelson Kerr mit seiner verführerischen Mörderin.
Die Bewohner von Camino Island stehen zunächst im Mittelpunkt: Manches Zuhause wird für immer zerstört sein. Viele Bewohner werden ihren Lebensabend woanders wieder komplett neugestalten müssen. Wer Glück hat, kann vielleicht noch eine Weile im Campingmobil zubringen – reduziert auf das wenige, was Hurrikan Leo noch übriggelassen hat.
John Grisham bringt uns als Reporter die Schicksale von Menschen nahe, die hinter den Statistiken und Superlativen zu Hurrikanen in der Karibik inzwischen verschwinden. Die Botschaft dürfte lauten, dass auch die USA die Klimaveränderungen endlich ernst nehmen sollen. – Hut ab für die Absicht!
Und dann kommt Nelson Kerr, nicht der Erfolgreichste im Autorenclub von Bruce Cable, aber ein investigativer Rechercheur und Erzähler. Offenbar betrifft sein neuestes Buch ein kriminelles Imperium von Pflegedienstleistern und die hilflosen Bewohner ihrer Heime.
Vielleicht hätte John Grisham die beiden Themen geschickter verweben oder gleich zwei Bücher daraus machen können: Klimawandel und die Altenpflege als Investitionsgelegenheit mit hohen Renditen. Falls wir noch mitbekommen, dass Pharmaunternehmen mit mangelhaft getesteten Medikamenten den Gewinn der Pflegeeinrichtungen maximieren, gehören wir zumindest noch nicht zum »Gemüse«, wie Hirntote zynisch genannt werden. Sie werden solange maschinell am Leben gehalten wie die Versicherung eben zahlt. Und das bei jedem Wetter.
Der tropische Wirbelsturm und die Altenpflege überschneiden sich nur wenig. Am Ende wurde daraus eine unterhaltsame wie lehrreiche Geschichte. Typisch John Grisham eben.