Tom Clancy, Marc Cameron
Das Reich der Macht
KEN. »Das Reich der Macht« ist nicht umsonst so dick. Zum einen geht es in diesem Tom Clancy von Marc Cameron um terroristische Vorfälle, deren Spuren nach China verweisen. Zum anderen hat der Campus, eine Geheimdienstinstanz mit der Lizenz zu töten, mit Mädchenhändlern aus Südamerika zu kämpfen.
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Diese Schnitzeljagd mit Betroffenen rund um den Globus ist typisch für Tom Clancy-Thriller. Gleich mehrere Weltregionen sind bedroht: Vor der US-Westküste fliegt ein chinesischer Containerfrachter in die Luft. Im Tschad greifen Glaubenseiferer eine Bohrinsel an, vor Indonesien überfallen Piraten spektakulär eine Privatjacht. Und in Argentinien sprengt eine Bombe eine Ministerkonferenz in den Tod.
Ist das Reich der Mitte auch das Zentrum der Intrige?
»Das Reich der Macht« lässt nichts aus und begrüßt alle anderen Thrillerautoren wie der Igel den Hasen: »Ick bün all hier.« – »Ich bin schon da.«
Dies gilt auch für Präsident Jack Ryan Senior, der zu einem G-20-Gipfel nach Tokio reist. Dort wird er Zhao Chengzhi treffen, den Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Dem gefällt es, dass seine Untergebenen, also alle, ihn als »Überragenden Führer« ansprechen.
Ist Zhao Chengzhi der Drahtzieher hinter den Katastrophen weltweit? Oder bedroht ihn längst eine neue Viererbande, die sich feiert wie ihre Vorbilder zu Maos Zeiten?
Dieser Stoff bietet bereits viel für einen Thriller. Als Bonus mutet daher an, dass Operationsleiter John Clark mit einer kleineren Campus-Gruppe Mädchenhändler jagt. Sie versklaven ihre Opfer in die Prostitution und lassen sie vor laufenden Kameras um ihr Leben kämpfen. Oder sie bringen sie gleich selbst um.
John Clark sieht rot, als er sich der Suche nach der 13 Jahre alten Magdalena Rojas anschließt. Seine Methoden sind selbst Kelsey Callahan zu heftig. Die Spezialagentin des FBI leitet eine Einheit für Verbrechen gegen Kinder. Auch wenn ihre Mission schier aussichtslos ist, würde sie John Clark auf der Stelle verhaften. Sie findet, er wüte um sich wie Actionstar Keanu Reeves als John Wick.
Marc Cameron zeichnet für diesen Tom Clancy-Band verantwortlich. Jedenfalls steht sein Name auf dem Cover. Wahrscheinlich sitzt in seiner Schreibstube ebenfalls ein Campus. Dazu gehören Leute, die seitenweise Waffendepots beschreiben. Oder Ausrüstung vom High-Teck-Trinkrucksack bis zum speziell geschliffenen Einhandmesser, das es ab 300 Euro zu kaufen gibt. Die Markennamen »droppen« nur so dahin.
Die Rechercheure für die Campus-Aktivitäten kennen sich lexikalisch aus mit US-Armeegeschichte und den Banden in Mittelamerika. Deren Mitglieder lassen sich die Santa Muerte, die Heilige des Todes, als Zeichen der Zugehörigkeit auf den Laib tätowieren und sind zu jeder Grausamkeit bereit.
Vieles im Thriller, was es so noch nicht geben mag, wird dadurch vorstellbar: Was passiert mit der Welt, wenn China aus dem Ruder läuft und Abtrünnige ihren allmächtigen Generalsekretär stürzen?
Tom Clancy starb 2013, sein Autorenmythos lebt. Wie bei Ian Fleming und James Bond. Alles Denkbare hat Chancen, in die Welt zu kommen. Die US-Regierung habe ihn, Tom Clancy, bei den Ermittlungen zum 11. September 2001 beratend hinzugezogen, denn einen Angriff auf Gebäude wie das World Trade Center gab es in Clancys frühen Werken bereits.
Nun meint es Marc Cameron gut mit seinen Lesern. Die Handlungsstränge berühren sich eher punktuell und könnten unabhängig voneinander als Thriller funktionieren. Langweilig wird dieser Ziegelstein jedenfalls nie.