Tom Clancy
Command Authority
KEN. Tom Clancy gab sich selbst immer wieder erstaunt darüber, wie präsise er weltpolitische Ereignisse beschrieb, die zeitlich erst nach der Veröffentlichung seiner Bücher Wirklichkeit wurden. Er hätte das sicher auch über »Command Authority – Kampf um die Krim« gesagt, das im Original 2013 erschien. Im Oktober des gleichen Jahres allerdings starb Tom Clancy.
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In »Command Authority« beschreibt der Waffennarr mit der spitzen Feder, wie Russlands Präsident Walerij Wolodin droht, Estland, die Ukraine und andere Staaten der ehemaligen UdSSR militärisch zu übernehmen. Dazu braucht er die Unterstützung des Inlandsgeheimdienstes, den er mit zusätzlichen Befugnissen ausstattet, um auch im Ausland die Speerspitze Russlands zu sein. Seine Agenten müssen von ebenso erfahrenen wie dem Präsidenten ergebenen Offizieren geführt werden, auch wenn sie seit der Zeit des Kalten Kriegs nach bisher unaufgeklärten Morden auf den Fahndungslisten der USA stehen.
Kampf um die Krim - fast wie im richtigen Leben
Die westliche Welt ist erschüttert und stoppt in Tom Clancys Thriller unter US-amerikanischer Führung zunächst die Invasion in Estland. Die Ukraine ist da schon längst das nächste Ziel der Russen, die zunächst einmal um die Krim kämpfen. Der Rest ist in Wirklichkeit fast schon Geschichte, während »Command Authority« sich mit über 800 Seiten noch immer darum bemüht, vorausschauend die Ereignisse zu erklären, über die 2014 die Medien berichteten.
Natürlich findet dieser Clancy auch im Weißen Haus statt, in dem nach wie vor Jack Ryan regiert, dessen Sohn längst in die Fußsstapfen des ehemaligen Geheimdienstanalysten getreten ist. Im Vergleich zu seinem Vater ist Junior jedoch lieber mit John Clark und den anderen Jungs des »Campus« direkt in der Kampfzone – mal in London, mal direkt an der russisch-ukrainischen Front.
Die US-Amerikaner haben es mit einem hartnäckigen Gegner zu tun, der technisch mit ihren Waffensystemen mithalten kann. Tom Clancy scheut sich nicht davor, vom Sterben der Soldaten in den Panzern zu berichten, die mit modernen stahlbrechenden Waffen angegriffen werden. Oder von den Ängsten und Hoffnungen der Zivilisten, die chancenlos mit einfachen Waffen gegen die militärische Übermacht zu Land, zu Wasser und in der Luft antreten.
Die Präsidenten der beiden Großmächte sind skrupellos und/oder zu weit von dem Schmutz dieses Kriegs entfernt. Tom Clancy beschreibt Walerij Wolodin als unermäßlich reiches und intrigantes Staatsoberhaupt, das die Welt über manipulierte Medien zum Narren hält. Mit großzügig ausgegebenen Pässen und doppelten Staatsbürgerschaften schafft er russisch orientierte Mehrheiten, um jeden Eingriff zu rechtfertigen, das russische Volk wieder zusammenzuführen. Am Ende geht es dem Thriller nach wieder um noch mehr Macht und noch mehr Geld.
Vor Ort stürzen sich die Mitglieder des »Campus«, eine Art SEAL-Team ohne Nummer, erst recht dann ins Gewühl, wenn sie daheim eigentlich ihre Pension genießen sollten. Doch die Lage ist ernst: Selbst das Leben Präsident Jack Ryans ist gefährdet, denn seine Gegner haben eine Lücke im Sicherheitssystem gefunden.
Insgesamt ein typischer Thriller von Tom Clancy, der sich für seine Helden wieder einmal großzügig aus den Katalogen der Waffenhersteller bedient. Er führt uns in einem atemberaubendem Tempo durch die Ereignisse um die Krim, als wäre er 2014 noch selbst dabei gewesen. Ich hoffe, dass seine Leser, die »Command Authority« auf die vorderen Plätze der New York Times Bestsellerliste gehoben haben sollen, für ihre Meinung zum Kampf um die Krim auch andere »Quellen« als eben »Command Authority« hinzuziehen. Denn vielleicht war alles ja doch ganz anders als in der Vorstellung Tom Clancys.