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Buchempfehlungen der Redaktion Globalscout


Mark Owen und Kevin Maurer - Kein Held für einen TagMark Owen und Kevin Maurer
Kein Held für einen Tag

KEN. Der Mercedes-Stern und die Navy SEALs stehen beide für Höchstleistungen zu Wasser (sea), Luft (air) und auf dem Boden (land). Der Weltkonzern aus Schwaben steht für Spitzentechnologien, die Navy SEALs für den kurzen Prozess, wo immer die US-Regierung auf der Welt einen Menschen zum Abschuss freigibt.

 
 

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»Mark Owen« ist ein Navy SEAL. Während er sich in der Ausbildung beim Bergsteigen noch ordentlich und bekennend fürchtet, stellt er nach seiner Aufnahme in die Eliteeinheit keine Fragen mehr. Die Lizenz zum Töten stellt ihn jederzeit auf die Seite der Guten. Das hat mit (mitteleuropäischer/mittelalterlicher) Ritterlichkeit und einem Rest Ehrfurcht vor dem Leben nichts zu tun. Ein SEAL ist immer im Krieg und gehorcht bedingungslos jedem Befehl seiner Vorgesetzten.

Enthüllungen eines Elitesoldaten der Navy SEAL

Die Navy SEALs bereiten sich wochenlang auf alle möglichen Situationen vor, um dann schnell und tödlich irgendwo auf der Welt einzugreifen. Kein Aufwand ist dafür zu hoch und keine Ausrüstung dafür zu teuer. Die SEALs sind die Besten der Besten. Sagen jedenfalls die Amerikaner.

Heute morgen stand in der Zeitung, dass fanatische Moslems wieder einmal ihren Heiligen Krieg nicht als persönliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen als Gläubige führen. Sie schlachten ab, wer ihnen vor die Machete rennt, überfallen Schulen und rotten ganze Landstriche mit Andersgläubigen und damit »Ungläubigen« aus. Sie haben nicht nur Waffenlieferanten auf ihrer Seite, denen kein Geschäft zu dreckig ist, sondern auch noch den »einzig wahren« Glauben. Dazwischen gibt es nichts, und Verstand schon mal gar nicht.

Und dann gibt es Leute wie Mark Owen, ein Kind der Rambo-Generation, dessen »Religion« es ist, für Vater Staat mit mörderischer Eleganz das Leben von Menschen auszulöschen, deren vorrangiger Lebenssinn wiederum darin besteht, mit anderen Menschen das Gleiche zu tun. Statt mit dem sportlichen Ehrgeiz von »höher, schneller, weiter« handeln die SEALs nach Werten wie »präzise, maximal gut geplant und definitiv tödlich«.

Ich hatte erst überlegt, ob ich mir ein Buch wie »Kein Held für einen Tag« antun soll. Dadurch würde auch für mich vorstellbar, womit ich meinen Verstand eigentlich nicht verderben will. Aber ich bin schon ziemlich vorgeglüht von Autoren wie Tom Clancy mit seinen Waffenkatalogen in Romanform, an deren Ende immer die US-Regierung siegt. Oder Kino-No-Brainern wie »The Expandables«, die ich mir gemeinsam mit meinem Kino-Freund letztens angetan habe.

Wir haben inzwischen unsere eigene Verschwörungstheorie. Hollywood und die großen Verlage sind bewusst oder unbewusst weltweit das Instrument der US-amerikanischen Propaganda. Beide müllen mit Filmen und Büchern zu diesen Filmen unseren Verstand zu, damit das Unvorstellbare vorstellbar wird. So wird es vollständig normal, Waffen an die übelsten Schurken zu verkaufen, um diese dann mit noch besseren (und moralisch angeblich einwandfreien) Waffen auszulöschen. Wer clever genug ist, verdient an der Zerstörung ebenso wie am Wiederaufbau – und das jederzeit mit einer weißen Weste. Die Bösen sind immer die anderen.

Ich finde »Kein Held für einen Tag« auf eine erschütternde Weise lesenswert. Mark Owen kämpft als Teil eines kranken Systems gegen ein anderes krankes System von Verbrechern, die es überall auf der Welt gibt. Um sein Tun zu rechtfertigen, hat er sich darauf konditioniert, dass er sich »im Krieg« befindet. Für seine mörderischen Einsätze nimmt sich der Elitesoldat Urlaub vom normalen Leben, von »Annehmlichkeiten« wie McDonalds, U-Bahnen, die pünktlich kommen und Schulen, die es nur ab und zu wegen irgendwelcher durchgeknallter Amokläufer im waffenstrotzenden Amerika in die Schlagzeilen schaffen. Aber selbst das wäre für ihn inzwischen »normal«.

Nach Jahren als SEAL und vielen Einsätzen weltweit erinnert sich Mark Owen heute sogar an sein empathischstes Erlebnis, dass ich ziemlich erbärmlich finde: Martialisch ausgerüstet drängen er und sein Team in ein irakisches Dorf ein, mähen nieder, was ihnen vor die Flinte kommt. Ein Einheimischer stirbt in einer Haustür mit einem Hochgeschwindigkeitsgeschoss in der Stirn, das ihm den Hinterkopf wegsprengt. Eine Katze leckt an der Blutlache, die sich um den Schädel des »Terroristen« bildet. Ein Junge schaut sich zitternd und in Todesangst die Szene an. Was sagt Navy SEAL Mark Owen dazu: »Dann zog ich einen Bonbon aus der Tasche und hielt ihn ihm hin. Der Junge wollte mir erst nicht in die Augen sehen.« Dann sagt Owen: »Hey, Kumpel. Ich tue dir nichts.«

Das hätte »Sly« Stallone nicht dümmer und zynischer sagen können. Und seine Fans hätten danach an der Konsole weitergemacht als wäre selbst dieser verwerfliche Scheiß das Normalste von der Welt.

Wenn ich anfange mit mir zu diskutieren, lande ich schnell beim Henne-und-Ei-Syndrom: Wird wirklich, was vorstellbar ist? Oder wird vorstellbar, was wirklich ist? Da »am Anfang war das Wort« noch immer gilt, glaube ich eher an das Erste und frage mich, warum solche Bücher und Filme gerade jetzt stattfinden. Wer will da eigentlich wen auf was vorbereiten? Soll ich zum Beispiel Freihandelsabkommen wie TTIP gut finden, da die USA sich inzwischen als das einzig wahre System zeigen – »moralisch« und weltmächtig zugleich?

Leider macht Hollywood die auffälligsten Filme. Man sieht kaum etwas anderes mit einem Oscar. Die Filmindustrie des Vatikan jedenfalls ist ziemlich unsichtbar – außer bei Papst Franziskus' »Urbi et Orbi« alle Jahre wieder auf dem Balkon des Petersdoms. Welche Bücher erscheinen wann bei uns? Warum veröffentlichen Tom Clancy und Robert Ludlum Jahre nach ihrem Tod noch immer Bücher, in denen Ereignisse beschrieben werden, von denen sie eigentlich zu ihrer Zeit nichts ahnen konnten?

Und warum wird Navy SEAL »Mark Owen« – wenn auch mit ein paar regiebedingten Durchstreichungen – gerade jetzt als Bestseller geduldet, wo die anderen Massenmörder IS, Boko Haram und ähnlich heißen? Oder Edward Snowdon, der 2014 als Träger des Alternativen Nobelpreises den SEALs als moralische Instanz das Wasser abgräbt?

»Mark Owen« ist selbstverständlich ein Pseudonym für einen der Akteure, als es Osama-bin-Laden an den Turban ging. Mit diesem, seinem zweiten Buch, steht er wieder einmal ganz vorne in den Bestsellerlisten. Ich würde ihm nicht trauen, wenn er mir einen Bonbon reicht und sagt, er tue mir nichts. Ich traue genau so wenig irgendwelchen islamistischen Killern, die sich ebenfalls auf der Seite der Guten wähnen und mir eine Kugel verpassen würden, weil ich den Koran nicht lesen kann. Aber es scheint irgendetwas zu geben, dass die Navy SEALs und die erbittertsten unter ihren anonymen Feinden in ihrem grässlichen Krieg teilen.

Mit seinem Resümee tourt Mark Owen unter einem anderen Namen inzwischen durch die Managerszene: Ein Team löst seine Aufgaben Häppchen für Häppchen (so wie man einen Elefanten isst). Für jedes Mitglied ist das Team bedingungslos das Höchste und mindestens wichtiger als das eigene Leben. Hat sich das Team einem Ziel verschrieben, ordnet jedes Mitglied alles Weitere diesem Ziel absolut unter.

Systemisch gedacht, hat so etwas durchaus Platz auf der Wunschliste für Teams im Beruflichen wie im Privaten. SEALs funktionieren mit klaren Prioritäten, sowie IS-Meuchler mit ihrer Perspektive als Märtyrer und der Aussicht auf intakte Hymen. Auch wenn die Teamwerte hinter dem Scheinbaren wie Offensichtlichen akzeptabel sind, ist der Preis beider Parteien dafür in jeder Hinsicht verwerflich. Ich will einfach nicht gut finden, dass mir der nette Onkel Mark einen Bonbon gibt, während unsere Hauskatze das Blut aus einer Schädelwunde schleckt, die ein »Buddy« dieses netten Onkel Mark gerade eben möglicherweise meinem Vater verpasst hat. Und »Hey, Kumpel, ich tue dir nichts!« ist in der Situation einfach lächerlich.

Mark Owen wurde SEAL, weil er als Spätjugendlicher das Buch eines anderen SEAL gelesen hat. Owen trug ein T-Shirt mit aufgedruckten Symbolen der Eliteeinheit, als er seinen Inspirator traf und wurde von diesem übel abgeschmettert: Niemand außerhalb der SEALs dürfe sich erdreisten, solch ein Hemd zu tragen. Mark Owen tat daraufhin alles, sich der SEAL als »würdig« zu erweisen und schrieb schließlich selbst Bücher nach dem Motto »mein Leben als SEAL«.

Die Moral von der Geschichte wird höchst individuell ausfallen. Während für mich die Bösen weiter die Bösen bleiben werden, sind die Guten schon lange nicht mehr die nur Guten. »Kein Held für einen Tag. Geheime Missionen, tödliche Einsätze, harte Niederlagen – Mein Leben als Navy SEAL« schafft hier keine Klarheit.

Ich finde es bedenklich, dass ich auch solche Bücher spannend finde und vielleicht nur deshalb über sie nachdenke, weil es Teil meiner Jobbeschreibung ist. Den Virus wahrzunehmen – so hoffe ich jedenfalls – birgt zumindest ein bisschen die Chance, dem Mythos SEAL zu widerstehen.



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