Klaus-Dietrich Runow
Krebs - eine Umweltkrankheit?
KEN. Ich habe nie geglaubt, dass Krebs vor allem eine genetische Erscheinung ist, Betroffene also in einer erblich belasteten Kette stehen müssen. Klaus-Dietrich Runow, der deutsche Pionier der Umweltmedizin plädiert dafür, Krebsrisiken aus der Umwelt zu erkennen und zu minimieren. Die können wir möglicherweise eher beeinflussen als genetische Prozesse.
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Dass im Frühjahr 2013 vorbeugende Brustamputationen ins Gespräch gekommen sind, liegt vor allem an Angelina Jolies konsequentem Auftritt. Als Trägerin eines vermuteten Krebsgens für diese Störung ließ die beliebte amerikanische Schauspielerin sich vorsorglich die Brüste amputieren und steht in der Öffentlichkeit dazu, sich und ihren Angehörigen damit viel Leid erspart zu haben.
Risiko minimieren - Therapie optimieren
Angelina Jolie hat sich die Entscheidung vermutlich nicht so leicht gemacht, wie ihre nüchterne und sachliche Darstellung in den Medien vermuten lässt. Auch Klaus-Dietrich Runow wäre als Medinziner mit solch einer Entscheidung vorsichtig umgegangen. Vielleicht hätte er auch mit einer Statistik dagegengehalten: Nach Mammografien werden mehr Fehldiagnosen getroffen als sie tatsächlich Schäden und Erkrankungen verhindern. Der Vorsorgeaufwand für Krebs steht in keinem vertretbaren Verhältnis zu den tatsächlichen Erkrankungen. Er streut eher Zweifel und Ängste statt den Patienten wirkliche Sicherheit zu bieten. Und er verursacht möglicherweise sogar, was er eigentlich verhindern soll.
Krebs wird nach Ansicht des Umweltmediziners viel zu wenig auf Umweltfaktoren zurückgeführt, auf eine belastete Umwelt, falsche Ernährung, zu wenig Bewegung und Dauerbelastungen im Beruf. All das schwächt irgendwann den Körper so sehr, dass er aktiviert, was ohnehin in ihm steckt: schnelles, unkontrollierbares Zellwachstum wo wir es überhaupt nicht gebrauchen können. Die kurativen Gegenmittel haben häufig so starke Nebenwirkungen, dass der Patient an ihnen zugrundegeht - obwohl er den Krebs besiegt haben mag.
Klaus-Dietrich Runows direkter Einstieg ins Thema über den Umgang mit dem Tod hat mich zunächst irritiert. Krankheit gehört zum Leben: In der Urne gibt es keine Kranken. Also kümmern wir uns vor allem um die Erhaltung des Diesseitigen und vermeiden Gedanken an das Unvermeidbare. Dabei ist Klaus-Dietrich Runows Einstieg auch recht schlüssig, denn Fragen wie »Warum ich?« und »Warum jetzt?« erhöhen nur den Vorwurfs- und Rechtfertigungsdruck der Erkrankten und schwächen sie zusätzlich. Dabei sind die Statistiken eindeutig: In absehbarer Zeit wird jeder Zweite an Krebs erkranken und wahrscheinlich sogar daran sterben. Dazu tragen Faktoren bei, die auch Klaus-Dietrich Runow in die Umwelt verlagert.
Was jedoch ein bisschen in die Irre führt, ist die Frage nach Krebs als Umweltkrankheit im Titel. Das klingt mir zu sehr nach Natur, und so meint Runow es auch nicht. Wenn schon seit Jahrtausenden genetische Faktoren wie das Brustkrebsgen angelegt gewesen sind, die in der normalen Lebensspanne zugeschlagen haben oder eben nicht, sind die meisten krebserregenden Faktoren in Klaus-Dietrich Runows Buch von Menschen gemacht. Dazu gehören Arbeitsbedingungen ebenso wie der Umgang mit Chemikalien, Verstrahlung durch Elektrogeräte, Bewegungsmangel und Übergewicht. Die Liste lässt sich erweitern um Alkohol, Rauschgift, Partydrogen, Rauchen, Medikamente, (medizinische) Strahlenbelastungen, Lebensmittel und vieles mehr.
Wir haben einen gewissen Einfluss darauf, das Risiko einer Erkrankung zu verringern, indem wir bewusster einkaufen, unser Leben mit Auszeiten organisieren, uns gesünder ernähren, bescheidener und mit mehr Zufriedenheit leben, belastende Situationen - und Mitmenschen - meiden, uns notfalls zurückfallen lassen, statt immer »vorne mitlaufen« zu wollen. Das alles verhindert nicht, was ohnehin jeden erwartet, dass das Leben irgendwann eben endet. Den Patienten selbst gibt Runow mit seinem Buch Einblick in die Wirkungszusammenhänge von (menschengemachten) Umweltfaktoren und Krebs. Seine Ratschläge zur Pysiotherapie bis hin zur Ernährung sollten Betroffenen Mut machen, selbst etwas für ihre eigene Heilung zu tun.