Sebastian Mauritz
Wenn schon Burn-out, dann richtig
KEN. Wenn irgendwo genug Leid dran hängt, eignet sich ein Thema kaum für Ironie. Burn-out wie in »Wenn schon Burn-out, dann richtig« von Sebastian Mauritz ist meiner Meinung nach eines dieser Themen. Die Provokative Therapie geht damit wertschätzender um und ist dabei eine großartige therapeutische Heilkunst, verknüpft mit dem Namen des unvergleichlichen Frank Farelly.
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Wer therapeutisch mit ausgebrannten Mitmenschen zu tun hat, dem vergeht das Lachen allerdings schnell. Klar ist das Thema gerade in Mode, aber so neu auch wieder nicht. Jeder originell wirkende Ansatz ist wie die Nachlese eines allmählich abgeernteten medialen Felds: Das Volk kehrt inzwischen, bereichert um ein weiteres mehr oder weniger anerkanntes Leiden, zum Alltag zurück. Meine Burn-out-Klientin letztens hatte jedenfalls das Potenzial für einen weiteren Personenschaden auf einer viel befahrenen ICE-Strecke. Ausgebrannt genug dafür war sie. Dass jemand ihr Leiden zu einem launigen Vortrag nutzen könnte, hätte ihr kaum gefallen.
Die Verschreibung des Symptoms
Sebastian Mauritz dreht den Spieß also um, wenn er sagt: »Wenn schon Burn-out, dann richtig«. Das weckt Neugier und Aufmerksamkeit. Früher hätte man von der »Verschreibung des Symptoms« gesprochen, um den Unsinn des eigenen Verhaltens dann selbst wiederlegen zu können. Ziemlich kompliziert und nur für manche Belastungen geeignet.
Zehn und mehr Tipps, warum also nicht gleich 20, bietet der Autor an, damit man sich so richtig überschlägt. Faktisch ist er gnädiger und reißt in jedem Kapitel das Ruder rechtzeitig herum. Es wäre zynisch und überbezahlt, wenn das Aufmerksamkeit erregende Versprechen in den Burn-out nicht das Gegenteil provozieren würde, also etwas wie einen Ausweg aus dem Problem oder eine Lösung. Denn ernst meint der Autor den Anspruch seines Titels zum Glück nicht einmal selbst und beruft sich mit seinem Zugang zum Thema zum Beispiel auf den Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeuten Paul Watzlawick.
Fast würde ich sagen, das verdient eine Chance, wäre das Ergebnis nicht schon tausendmal gehört und gelesen. Mittel gegen Burn-out sind wieder einmal flexibles Verhalten, Ausgleich durch Sport, neue Bewertungen von Situationen, sich selbst loben, wenn andere das verweigern, auch mal Nein sagen und notfalls einen Hund kaufen und mit ihm durchs Grüne stiefeln ...
Nichts Neues also im Burn-out-Land, nur eben anders dargestellt. Darauf mag man sich je nach Geschmack und Betroffenheit einlassen. Wer schon schwer verletzt auf die Burn-out-Nase gefallen ist, findet das wohl kaum lustig. Für diejenigen, die sich noch einbilden, Burn-out ginge trotz täglicher Überstunden noch ohne sie, ist dieses Buch vielleicht ein guter Einstieg in die vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema. Ernährungsfragen, die Organisation privater und beruflicher Rollen und des eigenen Beziehungsgeflechts sind an anderer Stelle gründlicher beschrieben, wenn auch oft weniger unterhaltsam.