Michael Moss
Das Salz-Zucker-Fett-Komplott
KEN. Die Hersteller von industriell verarbeiteten »Lebensmitteln« tun eine Menge dafür uns glauben zu machen, sie gäben uns nur das Gewünschte: Zucker, Fett und Salz. Wir würden dadurch zu dem, was wir zu sein verlangten. Das ist nach Michael Moss zu einfach: Nestlé, Kellog's, Kraft & Co. sind Marktanteile allemal wichtiger als die Gesundheit ihrer Kunden.
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Als ich Michael Moss las, dachte ich zunächst, dies sei wieder ein Thema, das uns ungefragt aus den USA auf den Teller schwappt. Die globalen Würmer haben sich jedoch längst auch ohne weitere Freihandelsabkommen in unseren Speiseplan eingegraben.
Wie die Lebensmittelkonzerne uns süchtig machen
Michael Moss hat mit »Das Salz-Zucker-Fett-Komplott« einen Nahrungsmittel-Thriller geschrieben, der in den Büchercharts der USA prompt erste Plätze belegte. Niemand – zumindest in den USA – kann deshalb jemals behaupten, er hätte nicht wissen können, dass global spielende Konzerne ihm eigentlich längst den Appetit hätten verderben müssten. Was gut gewesen wäre, damit ihm zum Beispiel Fettleibigkeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erspart geblieben wären.
Gut fünf Monate recherchierte Michael Moss für seinen Bestseller. Das ist nicht viel für ein Thema, das jedes Jahr weltweit hunderttausende ernährungsbedingte Todesfälle verursacht.
Wie der Apparat arbeitet, der dafür verantwortlich ist, das beschreibt Michael Moss in seinem Buch. Dahinter steckt unter anderem ein hochkarätiges Marketing, das seit Jahrzehnten wissenschaftliche Erkenntnisse nur zu dem einen Zweck auswertet, Milliarden Umsätze zu generieren. Um die Folgen kümmern sich dann bestenfalls die Gesundheitssysteme, sofern die jeweiligen Nationen überhaupt nennenswert darüber verfügen. Hier wird das »Das Salz-Zucker-Fett-Komplott« dann doch international und nur unter anderem deutsch.
Auch in Deutschland zünden die Folgen aus den investierten Milliarden für die perfekte Mischung aus Zucker, Fett und Salz. In dieser Reihenfolge nach Michael Moss wurde zunächst Zucker als Inspirator für Fertiggerichte und Snacks zwischendurch genutzt: Es gebe inzwischen keine Lebensmittel, die nicht gesüßt seien. Schon Säuglinge wissen das zu schätzen. Jeder war einmal Säugling – wir erinnern uns.
Fett, so ein weiteres Moss-Kapitel, hat auch eine praktische Funktion auf dem Speiseplan, gilt den weltweiten Vermarktern aber vor allem als Geschmacksverstärker. Was auch immer wir schmecken wollen, wird durch Fette zum großen Teil überhaupt erst erschlossen. Fett macht lecker, was zuvor fade wirkte. Und wenn auch das nicht hilft, geht es mit einer ordentlichen Prise Salz. Salz regt den Appetit an – und legt den Verstand endgültig lahm.
Der Rest ist die langfristige Konditionierung durch die entsprechenden Marketingstrategien. Nimm besser zwei oder die Zuckerbombe, die uns als Milchbedarf für das kindliche Gehirn untergejubelt wird. Schließlich wollen wir die PISA-Mitbewerber aus dem Rennen schlagen. Gesüßte Cornflakes werden uns als gesundes Frühstück oder »Brain Food« verkauft. Wir schmelzen dahin und ignorieren gleichzeitig, dass der Schmelzkäse so wenig Berührung zu Milch und Kühen hat wie ein durchschnittliches Großstadtkind, das Milch nur aus dem Tetra-Pack kennt.
Die Deutschen sind inzwischen die Dicksten in Europa: übergewichtig bis fettleibig, diabetisch, mit hohem Blutdruck, Arthrose, Brust- und Darmkrebs. – Guten Appetit!
Wenn Michael Moss in seinen Notizen blättert, landet er als Ursache dafür immer wieder bei den skrupellosen Geschäftsmethoden der Nahrungsmittel-Multis. Multi schließt Deutschland ein, und damit ist dieses durch und durch »amerikanische« Buch auch ziemlich deutsch.
Die Welt zu ernähren spielt für die Nahrungsmittelindistrie als moralisches Argument nach Michael Moss keine Rolle. Der maximale Gewinn, weil die Welt sich ohnehin ernähren muss und damit beliebig abgezockt werden kann, dagegen schon.