Irene Berres und Julia Merlot
Mythos oder Medizin
KEN. Sowohl Berres als auch Merlot kenne ich ansonsten nur vom Wein. In dem, so meint das Volk, liegt Wahrheit. Übertrage ich das auf »Mythos oder Medizin«, dann hebeln Irene Berres (* 1986) und Julia Merlot (* 1988) mit ihrem Buch das eine oder andere Element der Volksmedizin aus – mit dem Geist der wissenschaftlichen Wahrheit.
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Beide Autorinnen haben Wissenschaftsjournalismus studiert und in Praktika mit Pipette und Petrischalen hantiert. Inzwischen beantworten Sie Fragen zu medizinischen Themen in einer Kolumne von Spiegel-Online: Ist es gefährlich, einen Nieser zu unterdrücken? Fördert Schnaps die Verdauung? Hilft Spucke gegen Mückenstiche?
Medizinische Fakten - skurril und bekömmlich!
Die Volksmedizin hat zu solchen Themen einiges zu sagen. Die Schulmedizin prüft nach: Zwiebeltee und Zwiebelwickel lenken bestenfalls vom Ohrenschmerz ab. Wadenwickel können Fieber senken, aber falsch angewendet die Körpertemperatur soweit verringern, dass sie dann eher schaden statt nutzen. Und bis jetzt gibt es wohl nichts, was das Gift einer Mücke nach dem Stich wirklich entschärft.
Diese Hinweise rund um die Mythen der (Volks-) Medizin wirken gut recherchiert und werden von den Autorinnen tolerant aufbereitet: Wem die Mittel helfen, obwohl das wissenschaftlich gesehen Humbug ist, der darf sie trotzdem nutzen. Zumindest schaden sie in der Regel nicht. Sollte dadurch ein Placebo-Effekt zum Guten ausgelöst werden, dann darf das sein.
Die Idee, sich dem Thema Mythos oder Medizin auf diese Weise zu nähern, ist durchaus bewährt. Mein Lieblingsautor dazu bleibt der Rock 'n' Roller Ozzy Osbourne, der mit »Fragen Sie Dr. Ozzy« eine lebenskluge Kolumne für die Sunday Times geschrieben hat. Auch wegen seiner persönlichen Erfahrungen habe ich ihn manchmal als Zünglein an der Waage von Volksmedizin und Schulmedizin genossen. Wer so oft dem Tod ein Schnippchen geschlagen hat und in seinen härtesten Zeiten sogar einmal eine Ameisenstraße statt der weißen Linie geschnupft haben soll wie Ozzy Ozbourne, dessen Überlebensstrategien haben sich auch ohne den Verweis auf die Petrischalen bewährt.
In diesem Sinn ist die Berres/Merlot-Kolumne etwas eigenes. Deutsch und gründlich. Trotzdem nett geschrieben und immer dran an dem, was wir schon immer über unsere Hausmittel wissen wollten und unsere Oma nicht zu fragen wagten.