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Wenn Stephen King als Richard Bachman schrieb, dann lagerte er Geschichten aus, die zu gut waren, um einfache Skizzen zu bleiben, denen aber noch ein paar Punkte auf der King eigenen Qualitätsskala fehlten. »Todesmarsch« gehört dazu. Während wir in einem grausigen Wettbewerb eine Gruppe junger Geher hunderte Meilen durch die USA begleiten, teilen wir immer wieder ihre unsinnigen Hoffnungen und Todesängste. Das Ende kommt dann sogar zu plötzlich.
Es wird nur einer überleben
Stephen King schrieb »Todesmarsch« (»The Long Walk«) bereits 1979 unter seinem Pseudonym. Der Heyne Verlag brachte das Buch 2013 heraus, nachdem King längst Preise für sein Lebenswerk erhielt. Dabei ist er noch lange nicht fertig und wird nach vielen Jahren sogar den Folgeroman zu »Shining« veröffentlichen.
Der Todesmarsch ist ein jährlicher Wettbewerb mit 100 jugendlichen Teilnehmern. Nur die fittesten Bewerber dürfen überhaupt mitmachen. Wenn sie erst einmal auserwählt wurden, gibt es für sie kein Zurück mehr. Der Preis für den Sieger des Marschs ab der Kanadischen Grenze in den Süden der USA ist unbegrenzt: Bis zum Ende des Lebens wird ihm jeder Wunsch erfüllt.
Die Sache hat nur einen Haken: Mit nahezu faschistoiden Zügen setzt der veranstaltende »Major« die Regeln fest. Wer bereits dreimal verwarnt wurde, wird beim vierten Verstoß mit der »roten Karte« bestraft und von seinen Soldaten kaltblütig erschossen. Eine Verwarnung kann rückgängig gemacht werden, wenn der Teilnehmer eine Stunde lang weitermarschiert, ohne die Regeln zu verletzen. Ein übles Spiel rund um den 1. Mai in den Vereinigten Staaten, die in der Zukunft längst ein Militärstaat geworden sind.
Auch der 17-jährige Raymond (Ray) Davis Garraty hofft auf den ultimativen Preis. Die nächsten Tage und unzählige Meilen später ohne Schlaf und ohne ausruhen zu dürfen werden die schlimmsten in seinem Leben sein. Er wird Freundschaften schließen, die wenig später durch eine Kugel enden. Er wird mit bis dahin Unbekannten über das Leben und das Sterben philosophieren und selbst immer wieder haarscharf an der »roten Karte« vorbeischrappen.
Ray wird die Sinnlosigkeit des menschenverachtenden Todesmarschs und der gaffenden Zuschauer entlang der Strecke erkennen, die Milliardenbeträge auf die Teilnehmer verwetten: Es kann nur einen Sieger geben. Ob der allerdings die Strapazen lange genug überlebt, um sich an seinem Preis zu erfreuen, steht auf einem anderen Papier.
Die Atmosphäre in »Todesmarsch« ist insgesamt düster wie wahrscheinlich in einem Vernichtungslager. Die Teilnehmer marschieren im Bewusstsein stetiger Lebensgefahr, sei es wegen unbeabsichtigter Regelverstöße, dass die Füße wund gelaufen sind oder die Energie aufgebraucht ist wie bei Spielzeugtieren im Batterietest. Zwischendurch dachte ich an die frühen Computerspiele. Während die Klötzchen unaufhörlich vom Bildschirmrand herunterwanderten, ist nur klar, dass es einen wirklichen Gewinner niemals geben wird.
Stephen King geht auch als Richard Bachman in »Todesmarsch« den dunklen Seiten der menschlichen Psyche auf den Grund. Im Anhang des Buchs gibt es ein ausführliches Verzeichnis seiner Werke und einen lesenswerten Bericht über das Warum des Richard Bachman. King hatte ihm eine vollständige Biografie und sogar eine Ehefrau verpasst, die ab und zu Manuskripte ihres Mannes entdeckte. Als die Medien seinem Avatar auf die Schliche kamen, ließ King ihn offiziell sterben. Trotzdem schreibt er:
»… ich frage mich, ob es irgendwelche anderen guten Manuskripte, die vollendet sind oder kurz vor der Vollendung stehen, in der Kiste gibt, die von der verwitweten Mrs. Bachman im Keller ihres Bauernhauses in New Hampshire gefunden wurde. - Manchmal frage ich mich das wirklich.«