Cixin Liu
Jenseits der Zeit
KEN. »Jedes intelligente Wesen strebt danach, einmal so groß zu werden wie seine Gedanken«, sagt die Raumfahrtingenieurin Cheng Xin im Abspann von »Jenseits der Zeit«. Der dritte Teil der Trilogie um die feindliche Flotte der Trisolarier endet mit einem Bekenntnis, das dem gefeierten Science-Fiction-Autor Cixin Liu selbst entsprechen dürfte.
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Cixin Liu ist der Jules Verne (1828-1905) der Gegenwart. Der Franzose ließ seine Leser seinerzeit in 80 Tagen um die Erde reisen und führte sie 20.000 Meilen unter das Meer. Das wäre dem Chinsen Cixin Liu zu banal. Seit der Kälteschlaf oder die Möglichkeit, Menschen aus einer Gehirnzelle zu klonen, denkbar sind, sind Zeit und Raum sehr dehnbare Größen. Und Cixin Liu fühlt sich darin zuhause.
Wie kommt die Menschheit aus der Krise?
So könnte der offiziell unberechenbare Wandschauer Luo Ji in »Jenseits der Zeit« noch immer auf den roten Knopf zum Wohl oder Wehe der Erde drücken. Um die Menschheit unter diesen Gegebenheiten zu schützen, entwickelt die Ingenieurin Cheng Xin den riskanten Treppenplan. Ein Mensch müsste nach Trisolaris katapultiert werden, um dessen Absichten herauszufinden oder um das Überleben der Menschheit zu verhandeln.
Noch scheitert solch eine Reise jedoch am Gewicht der Raumkapsel und an deren Antrieb. Es wird zudem voraussichtlich eine Reise ohne Wiederkehr sein. Da die Menschen noch immer in ethischen Kategorien denken, soll für die Mission der todkranke Yun Tianming als Freiwilliger gewonnen werden. Allerdings verbindet den seit dem gemeinsamen Studium eine unerfüllte Liebe zu Cheng Xin.
Auch in der Zukunft gibt es also noch die gute alte Romantik. Die passt irgendwie zum Waffenstillstand mit Trisolaris und zum freundlichen Kulturaustausch zwischen Trisolaris und Erde. Aber noch gibt es den greisen Luo Ji als Wandschauer in einem kleinen, unterirdischen Bunker. Für ihn ist das Kuscheln mit den Außerirdischen noch immer höchst suspekt, und er wäre bereit, die Möglichkeiten des Wandschauers zu nutzen, um sie in die Schranken zu weisen.
Cheng Xin soll den greisen Luo Ji in dieser Rolle ablösen. Doch auf die Übergabe der Autorität an die neue Wandschauerin haben die Trisolarier nur gewartet. Die Existenz der Menschheit steht wieder auf dem Spiel.
Cixin Liu baut im letzten Band der Trisolaris-Trilogie (»Die drei Sonnen«, »Der Dunkle Wald« und »Jenseits der Zeit«) auf unterschiedliche Erzähltraditionen. Damit hält er auch im dritten der ziegelsteindicken Taschenbücher die Spannung hoch. So werden die Wissenschaftler und Ingenieure sich in der Zukunft mit Märchen und Rätseln auseinandersetzen, die für Trisolarier bestenfalls intelligente Literatur sein dürften. Nur die Menschen selbst können die entscheidenden Hinweise zu ihrer Rettung entschlüsseln. - Vielleicht wird am Ende dann doch noch alles gut.
Cixin Liu gilt als einer der besten Science-Fiction-Autoren Chinas. Er schreibt, als hätte ihm die gesamte Mannschaft des Raumschiffs »Gravitation« auf der Jagd nach der abtrünnigen »Lan Kong« dabei geholfen. Die Trilogie macht Lust auf die Zukunft. Sollte Cixin Liu wirklich so groß werden wie seine eigenen Gedanken, könnte er nach einem langen Kälteschlaf selbst ein aussichtsreicher Kandidat für den Posten des Wandschauers sein.