Veronica Henry
Liebe zwischen den Zeilen
KEN. Vielleicht liegt es daran, dass ich wegen der Baustelle unter meinem Schreibtisch gerade nachts schreibe und deshalb ein bisschen angezählt bin. Aber vielleicht ist es auch meine grundsätzliche Beziehung zu Büchern, dass mich Veronica Henrys Buchhändler-Roman »Liebe zwischen den Zeilen« bewegte.
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Julius Nightingale hatte die Verhütung mal eben dem lebenslustigen Hippie-Mädchen Rebecca überlassen und war erschüttert, dass sie (!) nicht aufgepasst hatte. Rebecca stirbt bei der Geburt ihrer Tochter. Julius, jetzt mit der kleinen Emilia auf dem Arm, entzückt vor allem die weiblichen Kundinnen von Nightingale Books, einem ehemaligen Antiquitätengeschäft von Peasebrook. In dieser Kleinstadt in den südenglischen Cotswolds findet Julius Trost zur Genüge.
Die Buchhandlung - ein magischer Ort
Das jedenfalls erfährt Emilia nach Krankheit und Tod des Vaters. Als Erbin der Buchhandlung stellt sie allerdings auch fest, dass der beliebte Julius seinen Laden ohne wirkliche Gewinnabsicht betrieben hatte. Er liebte Bücher und lebte durch sie mit seinen Kunden. Das war ihm – nach Emilia – das wohl Wichtigste.
Emilia wächst die Buchhandlung schnell ans Herz. Sie trifft Typen aus dem Leben ihres Vaters, schließt Freundschaften mit alten und neuen Kunden und vermittelt dank der Bücher anderen Menschen wieder Lebenssinn. Aber die Idylle ist gefährdet, denn der kleine Laden lockt skrupellose Unternehmer, die ihr eigenes Geschäft erweitern möchten.
Veronica Henry drängt sich keinesfalls mit ihren Lieblingsbüchern auf, wenn sie diese in ihrem Roman zitiert. Auch wenn Ihre Geschichte vor allem um die Menschen einer Kleinstadt herum handelt, hat »Liebe zwischen den Zeilen« mit der Liebe zu gedruckten Büchern zu tun. Irgendwann wird ihre Heldin sogar eines begleiten, das dann tatsächlich »Liebe zwischen den Zeilen« heißt …
Das hat mir gut gefallen. Einer meiner Klienten für eine Karriereberatung vor Jahren war wie Julius oder Emilia. Er las leidenschaftlich gern und hatte sein Hobby zum Beruf gemacht. Doch mit jeder höheren Sprosse auf der Karriereleiter entfernte er sich von den Lesern: »Statt beratender Buchhändler war ich zum Buchhalter geworden, der vor allem die EDV immer größerer Unternehmen verwaltete.«
Nach unserem Gespräch schrieb er seine Bewerbungen um. Er arbeitete dann für weniger Geld in einer Buchhandlung wie in Peasebrook. Er unterstützte die beiden älteren Eigentümer, die ihm, wie Julius Nightingale es getan hätte, für seine Fähigkeiten im Umgang mit dem elektronischen Bestellwesen täglich auf die Schulter klopften. – Vor allem aber redete er wieder mit Lesern über Bücher.
Der Bücherteil in »Liebe zwischen den Zeilen« ist für mich also nachvollziehbar. Das hilft, über den manchmal unbedarft wirkenden Beziehungsteil rund um Emilia hinwegzulesen. Andererseits ist gerade eine Buchhandlung ein Marktplatz für unterschiedlichste Weltbilder und Begegnungen. Ein Regal weiter ist schon das Gegenteil möglich. Gerade diese greifbare Vielfalt macht den Charme einer leibhaftigen Buchhandlung aus.