Karsten Dusse
Das Kind in mir will achtsam morden
KEN. Erfreulich erfrischend! Karsten Dusse nimmt sich nach der reinen Achtsamkeitsbewegung jetzt die Propheten des inneren Kindes vor. »Das Kind in mir will achtsam morden« nimmt auf eine elegante Weise das nächste therapeutische Dogma unter die Lupe.
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Was gar zu ernst genommen wird, nimmt niemand ernst. Erst recht nicht, wenn er Karsten Dusse heißt und Björn Diemel auf den Pfad der charakterlichen Optimierung schickt.
Alles liegt an Björns innerem Kind
Zwar werden im Folgeband von »Achtsam morden« weniger Führungskräfte von kriminellen Organisationen gehäckselt. Es fließt also weniger Blut und Gedärm durch den Shredder beim Ferienhaus. Aber es gibt noch immer den gefangenen Boris im Keller des Kindergartens von Emily, der Tochter Björn Diemels und seiner sperrigen Katharina ...
Ihre Beziehungspause halten die beiden weiterhin gut aus. Sie bemühen sich schließlich von getrennten Wohnungen aus darum, gute Eltern für Emily zu sein. Die Kleine quält inzwischen das schlechte Gewissen, weil ihre ökologisch überforderte Kindergärtnerin ihr die leckeren Fruchtquetschies untersagt, mit denen Emily den Untergang der Welt beschleunigt. - Ein Problem für Vater, Anwalt und Mafioso Björn.
Björn Demel jongliert in »Das Kind in mir will achtsam morden« zwischen der Repräsentanz zweier krimineller Organisationen und der umweltfeindlichen Ölheizung im Keller, sowie seiner Nahezu-Ex, hyperökologischen Helikoptermüttern und den jüngsten Anteilen seiner Persönlichkeit, mit denen er bei ausgelebter Wut einen gar zu bequemen Ober in den freien Fall und damit ins Jenseits befördert. Dumm gelaufen!
Immerhin gibt es da noch den Achtsamkeits-Coach Joschka Breitner mit der Leuchte ins Geschehen und so mancher therapeutischen Deutung rund ums innere Kind. Mit derart lebenspraktischen Anwendungen kann der Anwalt und jetzige Kopf von gleich zwei verfeindeten kriminellen Organisationen, eben Björn Diemel, eine Menge anfangen.
Auch sein Freund und Mieter Sascha, hauptberuflich Leiter des Kindergartens seiner Tochter Emily, passt in dieses Bild von der Welt. Während Sascha nach wie vor vor zu handfesten Lösung neigt, um Probleme zu lösen und sie gegebenenfalls zu beerdigen, hat Björn Diemel noch Skrupel, ob es okay ist, Boris im Keller einfach einzumauern. Er schwankt zwischen »Bio« und der elterlichen Ansage »Deine Wünsche zählen nicht!«
»Das Kind in mir will achtsam morden« hat Spaß gemacht, wobei in diesem Fall relativ wenige Leichen den vertikalen Pfad schmücken. Karsten Dusse schickt mit Björn Diemel einen Helden ins Rennen, dem wir auch die alternative Interpretation der nächsten therapeutischen Lehre durchaus zumuten dürfen.
Seine, also Dusses, Perspektive hat etwas von Ozzy Osbourne, der als Kolumnist in »Fragen Sie Dr. Ozzy« aus der Praxis eines unzerstörbaren Altrockers über medizinische Lösungen zu alltäglichen Problemen spricht. Karsten Dusse nutzt seinen Ruf als Spiegel-Bestsellerautor, um auch seinen zweiten Roman erfolgreich zu verorten.
Für mich ist der Spiegel relativ. Seine Listen sprechen vielleicht für einen guten Platz am Markt, vor allem aber für gutes Marketing. Den zweiten Dusse gab es im Bücherladen nur mit Aufkleber »Spiegel Bestseller-Autor«. Wer klebt, der lebt.
Karsten Dusse verdient meiner Meinung nach Aufmerksamkeit, weil er die neuen Dogmas in der Therapie und im Coaching mit einer gehörigen Portion Humor begleitet. Ich mag es, wenn die modernen Lehren sich regelmäßig mit einer augenzwinkernden Deutung erden.
Das macht Karsten Dusse auf eine insgesamt freundliche und annehmbare Weise. Ich habe mich gut unterhalten und kann als Coach und Therapeut mit seiner literarischen Interpretation mitgehen.