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Josef Wilfling - Geheimnisse der VernehmungskunstJosef Wilfling
Geheimnisse der Vernehmungskunst

KEN. Josef Wilfling (* 1947) hatte 22 seiner 42 Berufsjahre als polizeilicher Ermittler mit Tötungsdelikten zu tun. Obwohl die »Geheimnisse der Vernehmungskunst« eher ein Fachbuch für die Aus- und Fortbildung ist, hat der Autor auch wieder ein Händchen für den allgemeinen Leser und bietet Profis wie Laien einen Einblick in die rechtlich kniffelige Arbeit der Mordermittler.

 

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Am Ende geht es um mehr, als einen Täter zu überführen und dessen Geständnis zu präsentieren. Vernehmungen müssen rechtlich einwandfrei sein, damit selbst zielführende Information wirklich vor Gericht verwertet werden können. Das ist grundsätzlich gut.

Die Taktik von Deutschlands bekanntestem Ermittler

»Die Geheimnisse der Vernehmungskunst« bietet auf knapp 270 Seiten reichlich Hinweise auf Paragrafen und feine Unterscheidungen wie zwischen »mündlichen« und »formellen Aussagen«, »Zeugenbegriffen«, »Zeugenbelehrung« und »spezifischen Zeugenbelehrungen«. Das dürfte vor allem Juristen und professionelle Ermittler interessieren, und für die muss es dabei nicht gleich um Mord gehen. Auch bei einem Verkehrsunfall werden schließlich Betroffene und Zeugen befragt.

Doch selbst wenn ein Fall gelöst ist, geht die Arbeit eines Ermittlers weiter. Er muss Protokolle schreiben und sich gegebenenfalls für Form und Inhalt gegenüber Richtern, Staatsanwälten und erst recht gegenüber den Anwälten der Täter rechtfertigen. Ich hatte den Eindruck, dass sich so mancher Polizist im Kreuzverhör fühlt, als sollte er und nicht der Täter mit allen Tricks der Vernehmungskunst niedergerungen werden.

Schon wegen eines Formfehlers dürfen Aussagen nicht verwertet werden, selbst wenn ansonsten alles für die Tat und die Schuld spricht. Nicht umsonst weist Josef Wilfling darauf hin, dass Ermittlungen schwerer werden, wenn nur noch Informationen genutzt werden dürfen, die in Gegenwart von Anwälten gemacht oder von ihnen gefiltert werden.

Andererseits kann jeder eine Menge von der professionellen Gesprächsführung Josef Wilflings lernen, die er selbst als durchaus »alltagstauglich« bestätigt. Ich denke dabei an seine Grundeinstellung gegenüber möglicherweise oder tatsächlich »Schuldigen«. Und die gibt es eben nicht nur, wenn die Polizei ermittelt. Manchmal wünschen sich auch Normalbürger, dass sie endlich mit den Gespenstern ihrer Vergangenheit Frieden schließen. Wenn Coachs und Therapeuten dabei die richtigen Fragen stellen, ist das für die heilende Neubewertung von Ereignissen aus der Kindheit und Jugend von Klienten ein Gewinn. Auch dafür können sich moderne Heiler von den Fragen im Anhang inspirieren lassen.

Josef Wilflings professionelle Stärke ist Empathie. Er will sich in die Täter hineinversetzen und fordert für die Gespräche – die Vernehmungen – vor allem einen fairen Umgang und erst danach die richtige Strategie. Dass selbst verurteilte Mehrfachmörder nach Jahrzehnten noch Grußkarten schicken, in denen sie ihm für den fairen Umgang danken, spricht für den Münchner Kriminalbeamten.

Es hat mir gut gefallen, dass Josef Wilfling seine Vernehmungskunst vor allem im professionellen Umfeld hilfreich findet. Seine »berufliche Professionalität« sei wie weggeblasen, wenn er im familiären Kreis kontroverse Diskussionen führe und emotional beteiligt sei. Jede Kunst, auch die der Vernehmung, braucht eben die Umgebung, in der sie am besten wirkt. Und zur freien Meinung gehören Räume, in denen wir auch sagen können, was zuvor nicht auf der Goldwaage gelegen hat.

2019 Wilfling, Josef - Geheimnisse der Vernehmungskunst



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