Petra Hammesfahr
Stille Befreiung
KEN. Ich dachte, die bösen Jungs in »Stille Befreiung« seien schnell erkannt. Davon gibt es für die 18jährige Sandra mit ihrer deprimierenden Familie genug. Sie will weg von den Eltern, verliebt sich ganz praktisch in den widersprüchlichen Ronnie und »seinen« schnieken BMW. Sie ist Mutter, bevor sie die richtigen Fragen stellt. Petra Hammesfahr schafft es, dass auch ihre Leser die falschen Fragen stellen.
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Ronny kann alles im Haushalt reparieren, einschließlich verwirrter Herzen junger Frauen um die zwanzig wie Sandra und ihre Freundin Carina. Äußerlich ähnelt er Leonardo DiCaprio, der im Film dann mit der Titanic untergegangen ist. Ronnie erobert Sandra im Sturm. Und auch sie scheint schon bald unterzugehen. Gleich nachdem der Schwangerschafttest positiv ausfällt, hat Sandras Sein mit dem Schein nichts mehr zu tun.
Wenn die Hoffnung auf ein neues Leben zerbricht
Statt in ein liebevolles Zuhause gerät sie mit ihrer kleinen Tochter Josie in eine heruntergekommene Dachwohnung, der man die Spuren an Typhus verstorbener Bewohner noch ansieht. Diesen Grusel verstärkt Ronnies psychisch kranke Mutter Klara.
Josie ist zwei, dann hat Sandra genug davon. Als Pflegerin lässt sie sich bei einer vornehmeren Familie anstellen – mit der Möglichkeit, dort auch zu wohnen und einen Dienstwagen zu fahren. Rebekka, die schwerstbehinderte Tochter des Hauses, scheint nicht nur ihre Mutter und ihren Stiefvater zu überfordern. Die würden lieber mit den Künstlern ihrer Agentur touren als sich um ihre Tochter zu kümmern.
Ob Rebekka nur durchgeknallt ist oder rotzfrech mit den Anwandlungen eines Teenagers – oder beides? Sandra dringt zu Rebekka durch und findet einen Weg, mit ihr zu kommunizieren. Das ermöglicht ihr den Zugang zu Informationen, die niemand für möglich gehalten hätte.
Doch Sandra hat ihre Rechnung ohne Ronnie gemacht, der sie und seine Tochter wieder bei sich haben möchte – ohne sich darüber hinaus beiden gegenüber auch in der Pflicht des Versorgers zu sehen. Oder hat sein bester Freund Klaus die Finger im perfiden Spiel?
Sandra hat mehr als ein Problem und nur in ihrem resignierenden Vater und dann in Rebekka ihre verlässlichsten Ansprechpartner. Als Sandra die richtigen Fragen stellt, nimmt der Albtraum jedoch erst recht an Fahrt auf. Sandra wird für sich, ihre Tochter Josie und Rebekka eine Lösung finden müssen. Sonst hört der Horror in ihren Leben nie auf.
Petra Hammesfahr legt in ihrem Roman großartig Spuren an, an die ihre Leser sich ausprobieren dürfen. Wie weit wird Ronnie noch gehen? Findet der Meister der widerwärtigen Einflussnahme selbst seinen Meister? Gibt es noch mehr kaputte Typen, die Sandra anzieht als hätte das Leben für sie nur die Entwürdigung und den Zwang vorgesehen?
»Stille Befreiung« ist ein raffiniert komponierter Roman über sexuelle und seelische Gewalt gegen Frauen und Kinder. Die Befreiung mag still sein, aber es gibt sie. Ganz in der Handschrift von Petra Hammesfahr.