Jan Frodeno
Eine Frage der Leidenschaft
KEN. Jan Frodeno (* 1981) nennt sein Lebensthema »Eine Frage der Leidenschaft«. Seine Erfolge als Triathlet sind vor allem eine Frage der unerschütterlichen Entscheidung. Dazu gehört das Leiden, das er sich damit selbst schafft. Jan Frodeno ist sein eigenes Produkt. Er hat sich dem Triathlon bis in jede Muskelfaser hinein verschrieben.
Mit einem Klick auf das Bild des Covers können Sie das Buch direkt bei Amazon bestellen.
Wahrscheinlich gehört eine gehörige Portion Sucht dazu, dass er seinen Körper immer wieder an die (Schmerz-) Grenze führt. Für Jan Frodeno ist Triathlon der Hauptberuf und er selbst eine »Ich-AG« mit einem Team vom Manager bis zum Physiotherapeuten, der den strapazierten Körper dehnt, damit die Muskeln nach jedem Einsatz wieder auf der richtigen Länge sind. Selber dehnen mag er nun mal nicht.
Mit Mut und Motivation zum Erfolg
25 km Schwimmen, 650 km Radfahren und 100 km Laufen pro Woche. Jan Frodeno wurde mit solch einem Arbeitspensum zum erfolgreichsten deutschen Triathleten. Er gewann 2008 Olympia in Peking und 2015 sowie 2016 die Ironman Weltmeisterschaft auf Hawaii. Dagegen nimmt sich die Niederlage bei der Weltmeisterschaft 2017 als eher unbedeutende Fußnote aus.
Alles begann mit dem Bekenntnis zum absoluten »Muss«. Was er für einen Plan B habe, wurde Jan Frodeno auf dem Sporthilfeforum vor Peking gefragt: »Ich möchte Triathlon-Olympiasieger werden. Aber ich habe keinen Plan B – also muss Plan A funktionieren.«
Diese Entschiedenheit ist Jan Frodeno schon in jungen Jahren zu eigen. Als Rettungsschwimmer in Südafrika lernte er, dass sein Zögern den Tod eines Ertrinkenden bedeuten könnte. Auch in der Seenot gibt es keinen Plan B.
Jan Frodeno meistert die Grenze zwischen Leidenschaft und Besessenheit als Triathlet sehr gut – zugunsten der Leidenschaft und einer Professionalität, die nichts dem Zufall überlässt. So individuell seine Sportart scheint, so sehr hat Jan Frodeno gelernt, im Team zu spielen. Seine Helfer dürfen ihre Familien mit auf den Triathlon-Circus nehmen. Zudem gibt es genügend Freunde und andere Warner, die dafür sorgen, dass auch er seine Grenzen respektiert.
Trotzdem gibt es in seiner Karriere Phasen, die Jan Frodeno in »Eine Frage der Leidenschaft« sogar als Burnout bezeichnet. Dann ist die Verletzungsgefahr am größten, und das Training, die Ernährung und die Ruhepausen müssen angepasst werden. Das ist eine Wissenschaft für sich.
Jan Frodeno weiß um seine Endlichkeit. Solange ihm Triathlon möglich ist, wird er damit unterwegs sein. Die Niederlage bei der Weltmeisterschaft 2017 ist ein Ansporn, noch genauer zu analysieren, welche Anpassungen nötig sind, um wieder angreifen zu können.
Mitte 30 und nach all den Erfolgen geht Jan Frodeno, was den Genuss betrifft, inzwischen freundlicher mit sich um. Falls ihn sein Trainingspensum und seine Gedanken einmal nicht schlafen lassen, hilft ein bescheidenes Glas Rotwein. Aber noch sind 77 Kilogramm bei 1,97 Metern sein Wohlfühlgewicht, und trotz bis zu 10.000 Kalorien täglich misst er magere 5 Prozent Körperfett.
Selbst für ihn gibt es Zeiten, in denen er wenig tut. Aber sie sind kurz, denn schon bald muss Jan Frodeno sich einfach wieder bewegen, um keiner Art von Trainingsrückstand eine Chance zu geben – weder zu Wasser, in Laufschuhen noch auf dem Rad. Kein Coach kann ihm noch etwas über Motivation beibringen. Bestenfalls Emma, seine Frau und Mutter ihrer zwei gemeinsamen Kinder.
Emma war selbst als Triathletin erfolgreich und kann vermutlich am besten nachempfinden, was Jan Frodeno durchmacht, damit Plan A die einzige Möglichkeit bleibt. Auch für die Zeit nach dem Triathlon wird es deshalb einen Plan A geben, wobei der noch nicht in Stein gemeißelt ist. Kommentator, Vorträge und der eigene Espresso sind noch zu weit weg, solange die Marke Jan Frodeno läuft und läuft, schwimmt und radelt.
Die Entschiedenheit, mit der Jan Frodeno seinen Weg geht, hat mich beeindruckt. Wie Hannibal seinerzeit auf dem Weg über die Alpen, setzt Deutschlands Ironman alles auf eine Karte: Triathlon. In »Eine Frage der Leidenschaft« bringt er uns seinen Sport nachvollziehbar näher. Triathleten auf diesem Niveau planen präzise, um ihre körperlichen und mentalen Möglichkeiten jederzeit maximal auszuschöpfen. Es ist erstaunlich, wieviel noch immer geht, wenn nichts mehr zu gehen scheint und ein Plan B ausgeschlossen ist.